Ich kann den bewährten und meines Erachtens weitgehend richtigen Weg einmal beispielhaft anhand des bereits heute üblichen Verfahrens für standardisierte, zentral erfasste Derivate wie es auch an der CME stattfindet beschreiben. Nach diesem Verfahren existieren für alle Produkte gewisse Risikoschranken, die sich an den annehmbaren Tagesschwankungen orientieren. An jedem Tag findet zunächst eine Abrechnung der Kursdifferenzen durch die Bewegungen an jenem Tag statt. Daraufhin müssen in Europa bis 17:30 alle Marktteilnehmer hinreichend Sicherheiten hinterlegen, um den Risiken ihrer Positionen Rechnung zu tragen. Wenn Marktteilnehmer nicht hinreichende Sicherheiten hinterlegt haben, kommt es frühzeitig zu sogenannten Margin-Calls. D.h. die Clearinggesellschaft ruft an und erklärt, dass innerhalb eines bestimmten Zeitraums die nötigen Sicherheiten zu hinterlegen sind. Entweder es sind bis 17:30 genug Sicherheiten vorhanden, oder es müssen Positionen geschlossen werden. Ausnahmen gibt es nicht.
Nach diesem System ist es unmöglich, dass sich ungedeckte Verluste anhäufen.
LTCM war ein Sonderfall. Durch die Reputation der damaligen Akteure haben sie es geschafft, die Wall Street so sehr von sich zu überzeugen, dass sie 0% Sicherheiten hinterlegen mussten. Sie haben sich in der Bestimmung der Positionsgrößen auf historische Korrelationen verlassen. Die eingesetzte Methodik war in dieser Form nicht statthaft. Das ist auch daran ersichtlich, dass einige LTCM-Gründer 2007 ihren nächsten Fonds an die Wand gefahren haben.
Ein mächtiges Mittel der Risikominimierung ist Liquidität. Also die Möglichkeit, jederzeit Positionen zu schließen. LTCM hat in vielen völlig illiquiden Märkten noch dazu gewaltige Positionen aufgebaut. D.h. sie hatten in vielen Fällen überhaupt nicht die Möglichkeit, Positionen ohne weiteres zu schließen.
Zum Zins ist eine einfache Überlegung hilfreich. Angenommen es gäbe kein festgelegtes System, um den Preis von Geld zu bemessen. Wie müsste der Preis bemessen werden? Wer über diese Frage nachdenkt, kommt fast zwangsläufig dazu, dass es sich anhand der Zeit, in der einer darauf verzichtet, während es ein anderer nutzt, und der Menge bemessen muss.
Wie sieht ein Preis aus, der einerseits von der Menge abhängt und andererseits mit zunehmender Zeit zunimmt?
Es ist eben genau jene exponentielle Zinseszins-Systematik, die in diesem System gilt.
Ich halte die Kritik (dass Reiche immer Reicher werden, während Arme ärmer werden) übrigens für ungerechtfertigt. Es bedarf bemerkenswerter Leistungen, um Vermögen über Generationen zu bewahren. Jene Reiche, die aus Glück reich wurden, verlieren es mit zunehmender Zeit fast mit Sicherheit. Wer seinen Wohlstand erhöhen will, kann es auch erreichen. Es kommt allerdings nicht von alleine oder ohne Anstrengungen. Lloyd Blankfein (wobei in seinem Fall auch Glück eine Rolle spielte) war Sohn eines einfachen Angestellten der Post.