"Cum-Ex-Files"
Angriff auf Europas Steuerzahler
Stand: 18.10.2018 06:00 Uhr
Es geht um mindestens 55 Milliarden Euro: Der organisierte Griff in die Steuerkasse durch "steuergetriebene Aktiengeschäfte" ist viel größer als angenommen. Das belegen Recherchen europäischer Medien, an denen auch die ARD beteiligt ist.
Von Manuel Daubenberger, Karsten Polke-Majewski, Felix Rohrbeck, Christian Salewski und Oliver Schröm
Ganz oben, im 32. Stock eines Büroturms im Frankfurter Bankenviertel, hat man einen beeindruckenden Ausblick. Am Horizont sieht man den Taunus, und wenn man sich ganz dicht an die bodentiefen Fenster stellt und nach unten schaut, sind die Menschen auf den Straßen klein wie Ameisen. Vielleicht wurde er auch deshalb zum Tatort im wohl größten Steuerskandal aller Zeiten.
Ein Insider packt aus
"Wir haben aus dem Fenster geguckt und gedacht: Wir sind die Schlausten, wir sind die Genies, und ihr seid alle doof." Der Mann, der das sagt, sitzt an diesem Tag nicht mehr ganz oben, sondern in einem kargen Kölner Loft. Er trägt eine Maske, damit er im Fernsehen nicht erkannt wird.
Erst nach Zusicherung von Anonymität ließ er sich auf ein Interview ein, denn der Top-Insider aus der Phalanx der Steuerräuber ist der Hauptbelastungszeuge der Kölner Staatsanwaltschaft im wohl größten Steuer-Ermittlungsverfahren, das es je gab. 50 Millionen Euro hatte allein er aus der Staatskasse erbeutet. Noch laufen die Ermittlungen, aber schon bald soll es die ersten Anklagen geben, und der Mann mit der Maske soll als Kronzeuge der Anklage dienen. So jemand macht sich keine Freunde, wenn er auspackt - und nun erstmals vor die Öffentlichkeit tritt.