Noriega dachte er hätte die Amerikaner mit seinem Wissen in der Hand.

Die "Sumpfratte", wie US-Journalisten Noriega abfällig nannten, fühlte sich offenbar sicher. Er schien zu glauben, sein Spiel mit den Amerikanern endlos treiben zu können. Schließlich kannte er viele Geheimnisse aus Amerikas verdecktem Krieg in Nicaragua, die niemals öffentlich werden durften. 1988 tönte er anlässlich der Feier zum fünfjährigen Jubiläum seiner Machtübernahme, er habe "Bush an den Eiern", weil er ihm über seinen Mittelsmann Carlos Duque den Wahlkampf finanziert hatte. Noriega war vom dienstbaren Geist zum echten Problemfall der US-Außenpolitik geworden und rangierte schließlich auf der Liste der Staatsfeinde gleichauf mit Gaddafi - noch vor Saddam Hussein und Kim Il Sung.
[Links nur für registrierte Nutzer]

Aber das war ein Irrtum von ihm.

Am 20. Dezember 1989 ging es daher längst nicht mehr darum, das Unrechtsregime Noriegas zu beseitigen, wie öffentlich behauptet wurde, sondern den lästig gewordenen Superagenten Noriega loszuwerden. Den Mann, dem über zweieinhalb Jahre sämtliche Wirtschaftssanktionen, eingefrorenen Bankkonten, Putschversuche der Opposition und selbst 1988 eine Anklage wegen Drogenhandels und Geldwäsche in den USA nichts anhaben konnten. "Er pfiff auf die großen USA", wie es der SPIEGEL im Dezember 1989 formulierte.
Bush Senior wurde sauer.

Im Oktober 1989 ließ Bush eine große Chance ungenutzt. Die Urracá-Brigade putschte gegen Noriega, scheiterte aber auf den letzten Metern an dem Noriega-treuen "Batallion der Würde", das den Diktator rausboxen konnte, weil Bush die in Panama stationierten US-Soldaten nicht ausrücken ließ. Hardliner beschimpften ihn daraufhin als Feigling. Wenig später schwor Bush, er werde Noriega "nicht erlauben, die USA und den Rest der Welt als Narren hinzustellen".
Das Ende eines Diktators.

Nach vier Tagen hatten die US-Streitkräfte Panama unter Kontrolle. Nur Noriega war ihnen noch nicht ins Netz gegangen. Er hatte in der Botschaft des Vatikans in Panama-Stadt Zuflucht gefunden. Wirklich willkommen war er hier nicht. Der Nuntius gewährte ihm zwar Unterschlupf, versorgte ihn aber nur mit dem Nötigsten. Die US-Soldaten beschallten die Botschaft rund um die Uhr mit ohrenbetäubender Rockmusik, und auch der Nuntius schien Wege zu suchen, den uneingeladenen Gast loszuwerden - er ließ Noriega die Klimaanlage abstellen und verweigerte ihm den TV- und Alkoholkonsum. Nach zehn Tagen stellte sich der Diktator freiwillig.
Vielleicht dachte Saddam Hussein auch, daß er genug wissen würde, aus der Zeit des Iran-Irak-Krieges um mit der Eroberung von Kuwait durchzukommen?!

1992 verurteilte das US-Bundesgericht in Miami Noriega auf Basis der Anklage von 1988 zu 40 Jahren Haft wegen Drogenhandels und Geldwäsche. Es folgten weitere Urteile: Eines in Panama wegen des Mordes an Spadafora. Ein anderes in Frankreich wegen Geldwäsche. Beide brachten ihm in Summe weitere 30 Jahre Haft ein. 2010 lieferten die USA Noriega an Frankreich aus, ein Jahr später übergab ihn Paris schließlich an Panama, wo er seitdem im Gefängnis "El Renacer" einsitzt.