Bitte wach auf, Europa
Feb 11, 2019 George Soros
MÜNCHEN – Europa schlafwandelt in Richtung Untergang, und die Europäer müssen aufwachen, bevor es zu spät ist. Tun sie es nicht, wird die Europäische Union dem Muster der Sowjetunion aus dem Jahr 1991 folgen. Weder unsere Regierungen noch die Normalbürger scheinen zu verstehen, dass wir an einem revolutionären Moment stehen, dass die Bandbreite der Möglichkeiten enorm ist und dass das letztlich Resultat daher hochgradig unsicher ist.
Die meisten von uns gehen davon aus, dass die Zukunft mehr oder weniger aussehen wird wie die Gegenwart. Aber das ist nicht zwangsläufig der Fall. In einem langen und ereignisreichen Leben war ich Zeuge vieler Phasen, in denen eine, wie ich es nenne, radikale Gleichgewichtsstörung vorlag. Auch heute leben wir in einer derartigen Phase.
Der nächste Wendepunkt werden die Wahlen zum Europaparlament im Mai 2019 sein. Leider werden die antieuropäischen Kräfte an der Urne einen Wettbewerbsvorteil genießen. Dafür gibt es mehrere Gründe, darunter das nicht mehr zeitgemäße Parteiensystem in den meisten europäischen Ländern, die praktische Unmöglichkeit einer Vertragsänderung und den Mangel an rechtlichen Instrumenten zur Disziplinierung von von Mitgliedstaaten, die gegen die Gründungsprinzipien der Europäischen Union verstoßen.
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Die Situation ist durchaus nicht hoffnungslos. Die deutschen Grünen haben sich zur einzigen konsequent proeuropäischen Partei im Lande entwickelt, und sie legen in den Meinungsumfragen weiter zu, während die AfD ihren Zenit (außer in den ehemaligen ostdeutschen Ländern) erreicht zu haben scheint. Doch nun werden die CDU/CSU-Wähler von einer Partei vertreten, deren Bekenntnis zu den europäischen Werten zwiespältig ist.
Auch im Vereinigten Königreich verhindert eine antiquierte Parteienstruktur, dass der öffentliche Wille seinen angemessenen Ausdruck findet. …
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