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Nach dem Tod von Karl Lagerfeld herrschte weitestgehend Stille - zumindest in den deutschen Führungsetagen. Was soll das? Ignoranz? Keine Zeit? Nach dem Tod von Bruno Ganz hatte man doch auch Zeit, gebührend Trauer zu bekunden.
Als kürzlich Bruno Ganz starb, kondolierte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier offiziell, würdigte den Schweizer als „Schauspieler von Weltrang“ und lobte: „So manche Figur der Weltliteratur hat erst durch ihn Profil und Farbe erhalten. Man sah ihm zu und spürte, dass da auf der Bühne etwas geschah, was mit profanen Begriffen nicht zu beschreiben war.“ Kurz darauf schickte er ein Glückwunschtelegramm an die iranische Regierung zum 40. Jahrestag der islamischen Revolution, die ja bekanntermaßen in eine Terrorherrschaft mündete. Als am Dienstag vergangener Woche Karl Lagerfeld starb, kam: nichts. Kein Wort.
Weder vom Bundespräsidenten noch von der Bundesregierung. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner erklärte immerhin flapsig: „Karl Lagerfeld war ein großer Schöpfergeist, ein Botschafter des kreativen Deutschlands und wunderbar exzentrisch. Im Himmel werden nun alle neu eingekleidet.“ Und mit dem Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher äußerte sich wenigstens ein Amtsträger: „Er hat sein Leben als Weltbürger geführt, aber stets die Verbindung zur Stadt seiner Kindheit aufrechterhalten. Wir verlieren einen außergewöhnlichen Hanseaten und Botschafter Hamburgs.“ Ansonsten: Stille in den deutschen Führungsetagen.