Zitat von
Leibniz
Prinzipiell ist von allen Zertifikaten, CFDs und anderen Instrumenten, die ausschließlich an Kleinanleger vermarktet werden, abzuraten. Abgesehen von einigen Spezialfällen wie Zinsen sind alle Kursgewinne/Verluste an Märkten ein Nullsummenspiel. Alle Zertifikate werden von einem einzelnen Marktteilnehmer konstruiert, emittiert und bepreist. Die meisten Kunden dieser "Zertifikate" sind nicht in der Lage, nachzuvollziehen, ob die Bedingungen (Finanzierungskosten, implizite Volatilität und die Kursstellung selbst) angemessen sind. Ein weiteres strukturelles Problem liegt in der Asymmetrie dieser Instrumente, indem diese einseitig verkauft werden. Es ist nicht möglich, diese Instrumente an die emittierenden Banken zu verkaufen.
Wenn es sich um fair bepreiste und fair konstruierte Instrumente handeln würde, müssten die Banken auch bereit sein, ihre Produkte selbst anzukaufen. (?)
Neben empirischen Belegen, die auf üblicherweise zu teuer bepreiste Zertifikate und OS (zu hohe imp. Vol. und Finanzierungskosten) hinweisen, bestehen meist auch offensichtliche Transaktionskosten, die enorm sind.
Im Fall von Optionsscheinen werden meist möglichst geringe Nominalwerte gewählt. Das genannte Produkt könnte beispielsweise auch mit einem höheren Bezugsverhältnis angeboten werden. (z.B. das naheliegende Bezugsverhältnis von 1 statt 0,01)
Dann würde es statt ca. 3 Euro pro Stück eben 300 Euro pro Stück kosten. In diesem Fall würde jedoch auffallen, dass die Geld/Brief-Spanne exzessiv ist. Sie würde um etwa 10 Euro liegen. Das ist mehr als zehnmal so viel wie beispielsweise für eine richtige DAX-Option anfallen würde. Alternativ sind die Aktienindex-Optionen auf den Eurostoxx die liquidesten in Europa, die in den aktiven Laufzeiten extrem winzige Geld/Brief-Spannen aufweisen.
Reguläre Terminbörsen (wo z.B. DAX-Optionen gehandelt werden) sind auch der Ort, an dem Unternehmen wie die Deutsche Bank ihre Risiken aus Optionsscheinen absichern, wenn sie es überhaupt tun.
Ein Grund warum institutionelle Anleger und andere kommerzielle Akteure niemals Optionsscheine kaufen würden ist neben den astronomischen Gebühren auch die grundsätzliche Anfälligkeit für Interessenkonflikte. Es ist im Interesse der Optionsschein-Emittenten, dass Kunden möglichst oft handeln und dabei verlieren. Im Fall von Terminbörsen handelt es sich um unabhängige Aktiengesellschaften, deren Geschäftsmodell darin besteht, die Integrität ihrer Märkte zu gewährleisten.
Wer einmal die Vertragsbedingungen von Optionsscheinen durchliest wird einige geradezu unverschämte Hinweise finden. Beispielsweise ist der Emittent nicht verpflichtet, dauerhaft Preise für die eigenen Produkte anzubieten. Im Übrigen besteht immer das Kreditrisiko des Emittenten. Wenn die DB insolvent wäre, ist anzunehmen, dass auch alle Optionsscheine wertlos werden. Zu allem Überfluss werden exzessive Aufschläge auf die Finanzierungssätze berechnet (meist 3-5%).
Die genannten Faktoren bedeuten nicht, dass Zertifikate und Optionsscheine nie gewinnen. Vielmehr sorgen diese Faktoren dafür, dass die Anwender erheblich benachteiligt sind. In den USA sind Optionsscheine auch nicht zugelassen. Meines Erachtens auch deshalb, weil die Emittenten prinzipiell den Anreiz und die Möglichkeit haben, ihre Kunden zu benachteiligen. Zusätzlich sei noch einmal an das inhärente Nullsummenspiel von Märkten erinnert. Wenn ein bestimmter Marktteilnehmer Gewinne generiert, muss er diese Gewinne anderen abnehmen. Daher muss genau überlegt werden, welche strukturellen Vor- und Nachteile jeweils bestehen und an welchen Stellen diese jeweils ein besonders großes Gewicht haben.
Privatanleger haben grundsätzlich den Nachteil hoher Transaktionskosten. Kommerzielle Teilnehmer bezahlen Transaktionskosten in der Größenordnung von unter 0,25 Basispunkten (0,0025%). Derartige Transaktionskosten sind nur möglich, indem astronomische Transaktionsvolumen abgewickelt werden (hunderte Milliarden jährlich).
Transaktionskosten kommen besonders dann zum Tragen, wenn mit hoher Frequenz gehandelt wird.
Eine sinnvolle Überlegung besteht darin, Aktivitäten in einer Art und Weise durchzuführen, die viele Gelegenheiten bietet, positive Ergebnisse zu produzieren. Ist die Ansicht beispielsweise, dass der EUR/USD überbewertet ist, bestehen verschiedene Möglichkeiten der Spekulation. Eine Möglichkeit besteht darin, eine Spot (short) Position in diesem Währungspaar zu halten und dabei einen engen Stop-Loss zu setzen oder alternativ ein Knock-Out-Zertifikat zu nutzen. Angesichts der unzähligen Faktoren, die völlig unvorhersehbar sind und einen kurzzeitigen rapiden Anstieg auslösen können, besteht mit dieser Vorgehensweise ein erhebliches Potential, zu verlieren. Zumal große Teilnehmer vor bestimmten Ereignissen Kurse bewusst in die "falsche" Richtung drücken, um schwache Hände (Teilnehmer, die leicht aus dem Markt gezwungen werden können) gewinnbringend aus dem Markt zu zwingen.
Alternativ besteht die Möglichkeit, einen 1,20 Call für Juni 2020 zu verkaufen. Dieser lag heute an der CME bei einer Prämie von 1250 USD und bezieht sich auf einen Future im Nominalwert von 125Tsd. USD. Die Restlaufzeit beträgt etwa ein Jahr, wobei diese Option erst zum Verfall ausgeübt werden kann. Wenn der EUR/USD im Juni 2020 also unter 1,20 bleibt, verfällt diese Option wertlos und die vereinnahmte Prämie ist der Gewinn. Wenn sich der EUR/USD über das nächste halbe Jahr überhaupt nicht bewegt, wird die Option für unter 1000 USD zurückzukaufen sein. Wenn der EUR/USD in einer Woche unerwartet stark fällt wird der Wert der Option üblicherweise um einige hundert Dollar fallen, was ein guter Anlass ist, um sie zurückzukaufen.
Wenn bis 30-60 Tage vor dem Verfall keine Gelegenheit eingetreten ist, die Option gewinnbringend zurückzukaufen (also ein Anstieg um mehrere Prozent (5+%) stattfand und noch Pech dazu kommt), kann die Option um 6-12 Monate in die Zukunft gerollt werden. Eines der wichtigeren Prinzipien ist auch, strukturell niemals in die Lage versetzt zu werden, Positionen zwangsweise schließen zu müssen. Dazu sind entweder hinreichend große Liquiditätsreserven oder Absicherungen gegen Extremereignisse zwingend erforderlich. Im dargestellten Beispiel ist es praktisch fast unmöglich, dass die zugrunde liegende Ansicht (EUR/USD wird fallen) am Markt eintritt ohne einen realisierbaren Gewinn auszulösen.
Ein weiteres Beispiel wäre die kürzlich platzierte Firma Beyond Meat, die mittlerweile zu 150 USD pro Aktie gehandelt wird. Die 145 Januar 2021 Puts werden um die 70 US-Dollar gehandelt und sind jederzeit auszuüben. Aktienoptionen (die richtigen) beziehen sich immer auf 100 Aktien. D.h. die vereinnahmte Prämie eines Puts beträgt 7000 US-Dollar, wodurch nur dann ein Verlust entsteht, wenn die Aktie unter 75 US-Dollar handelt und der Put ausgeübt wird. In diesem Fall wäre es möglich, auf die ausgeübten Aktien einen Call zu schreiben. Selbst im unvorteilhaften Fall, dass die Aktie auf 50 US-Dollar fällt, der Put ausgeübt wird und die implizite Volatilität deutlich zurückgeht wäre anzunehmen, dass ein Call um 75 mit 3-24 Monaten Restlaufzeit über 25 US-Dollar Prämie auffindbar ist. Sofern zutreffend muss die Aktie nun nochmals deutlich unter 50 fallen, damit nach Fälligkeit ein Verlust bleibt. In diesem Fall kann der nächste Call geschrieben werden, wodurch nochmals 10-40 Dollar des Kurses an Prämie vereinnahmt werden. Solange BM nicht insolvent wird oder in sehr außergewöhnlicher Weise fällt, bestehen unzählige Möglichkeiten, zwischenzeitlich Gewinne zu realisieren.
Zusätzlich enthält die veräußerte Put-Option einige Lotteriescheine. Beispielsweise den Fall, dass die Option sehr früh und ohne gewaltigen Kursverfall ausgeübt wird. In diesem Fall können die zugewiesenen Aktien gewinnbringend veräußert werden. Eine andere Möglichkeit wäre ein weiterer Kursanstieg, wodurch die veräußerten Puts gewinnbringend zurückgekauft werden können. Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass die implizite Volatilität zurückgeht (wahrscheinlich) und der Put ohne nennenswerte Kursbewegung signifikant an Wert verliert.