RAMMSTEIN - oder wie man über das Stöckchen springt

[Don]

Ach ja, ich lernte mal zwangsweise 8 Jahre lang klavierspielen. Meine 3 Probleme waren a) eher mäßiges Talent, b) in den 60ern und 70ern nur begrenzter Zugang zu Notenwerken (alleine die Blätter für The Entertainer oder Maple Leaf Rag zu kriegen dauerte auf Bestellung Wochen, man mußte auch nach der Schule ins Musikgeschäft in der Stadt spurten um den Bus nach Hause nicht zu verpassen), c) ein penisonierter verkalkter Schulrektor als Klavierlehrer weil keinen anderen gab,der mich mit Sonatinen völlig unbekannter Komponisten quälte.
Viele kennen die Zeit gar nicht mehr. Kein YT channel als Instruktion, kein iPod o.ä. mit 20000 Songs drauf, wollte ich unbedingt was als Audiovorlage mußte ich von schmalem Taschengeld schweineteure Platten kaufen. Die es auch nicht problemlos im Regal gab, nix Mediamarkt etc.

Ich kann also schon in etwa beurteilen obs irgendwer kann oder nur so tut. Oder ob die Vorlage Qualität besitzt oder nur Lärm ist. Rammstein ist Lärm. Plus Totschlagoptik für Dummies.
Der hier kann es z.B., auch hier gute Grundsubstanz von Michael Jackson.


Oder Toto

[Sven71]

Das erste ist gespielt von Myuu, nicht von Rammstein. Es ist auch ziemlich erbärmlich, wenn er da nicht mehr rausholen kann. Es gibt da eigentlich auch keine Akkorde, sondern bloß ein bißchen Quarte und Quinten. Ein Grunzsong auf dem Flügel hat eine Verbesserung zu sein, was nur geht wenn das Gerüst stimmt.
Den Rest habe ich mir nicht mehr angetan.

Es gibt vereinzelt Geniestreiche, wie nothing else matters von Metallica die ansonsten auch hauptsächlich Lärm machen, ein Lied das hervorragende Grundsubstanz hat. Abgesehen von der Version mit Synfonieorchestern gibt es auch das hier, zum Vergleich mit Akkorden, Harmonien und Melodie.

Ob das am Klavier nun Myuu, mein Sohn oder auf der Gitarre Rammstein spielt, war weder das Thema, noch ist es im Hinblick auf das Arrangement relevant. Und eigentlich .... ist die arpeggierte Abfolge h -dis -fis bereits ein ziemlich eindeutiger Durdreiklang im ersten Takt. Klar kannst Du am Konzertflügel viel gigantischere Akkordfolgen und dabei noch zwei Melodien gegeneinander spielen, aber ein Hardrock-Konzert ist eben keine 'Kunst der Fuge' und wenn das Meisterwerk am Klavier grifftechnisch nicht mehr auf die Gitarre übertragbar ist, wird das ein Eigentor für den Arrangeur. Der Gitarrist braucht die eine Hand halt nunmal zum Zupfen und wenn das fürs Klavier notiert wird, sieht das notwendigerweise dürftig aus. Was Du für erbärmlich hältst, ist einfach nur die 1:1 Übertragung von der Gitarre aufs Klavier, ohne das mit den erweiterten Möglichkeiten am Tasteninstrument auszubauen.

Der Rest ist dann wohl Geschmackssache, insbesondere wenn der Sound verzerrter E-Gitarren als störend empfunden wird. Rammstein zum "Krach" abzuwerten, halte ich dennoch für überzogen, da gäbe es ganz andere Kaliber, etwa das Geschepper beim nächsten Dorfrock. Und nein, soviel mehr passiert bei 'nothing else matters' dann auch nicht, von etwas mehr rhythmischer Variabilität in dieser Ballade einmal abgesehen, die in Mutter einfach nicht gewollt war, um die melancholishe Grundstimmung nicht zu überladen:





Nach welchen Kriterien in der Musik nun ein "Grundgerüst" stimmt, ist eher Gegenstand der verschiedenen Schulen ... ihrerseits Ausgeburten musikhistorischen Schwätzerfachgehabes.
Man sollte die Töne treffen können, rhythmisch präzise sein und mit Fingerspitzengefühl für die Dynamik eines Melodiebogens anstelle roboterhaften Runterhackens der Noten das Arrangement rund machen können. Das ist das Handwerkszeug.

Du magst den Sound von Rammstein eben nicht. Das lasse ich mal mit der Formel "Der Megalo-Don hat gesprochen" stehen ...

[Sven71]

Ach ja, ich lernte mal zwangsweise 8 Jahre lang klavierspielen. Meine 3 Probleme waren a) eher mäßiges Talent, b) in den 60ern und 70ern nur begrenzter Zugang zu Notenwerken (alleine die Blätter für The Entertainer oder Maple Leaf Rag zu kriegen dauerte auf Bestellung Wochen, man mußte auch nach der Schule ins Musikgeschäft in der Stadt spurten um den Bus nach Hause nicht zu verpassen), c) ein penisonierter verkalkter Schulrektor als Klavierlehrer weil keinen anderen gab,der mich mit Sonatinen völlig unbekannter Komponisten quälte.
Viele kennen die Zeit gar nicht mehr. Kein YT channel als Instruktion, kein iPod o.ä. mit 20000 Songs drauf, wollte ich unbedingt was als Audiovorlage mußte ich von schmalem Taschengeld schweineteure Platten kaufen. Die es auch nicht problemlos im Regal gab, nix Mediamarkt etc.]

Willkommen im Club, das alles hatte ich auch nicht. Es reichte dennoch [Links nur für registrierte Nutzer](Zeile 2 in der Tabelle).

[Don]

Was Du für erbärmlich hältst, ist einfach nur die 1:1 Übertragung von der Gitarre aufs Klavier, ohne das mit den erweiterten Möglichkeiten am Tasteninstrument auszubauen.

Eben. Da geht in diesem Fall wohl auch nicht mehr, sonst würde es keiner mehr erkennen.
Ohne Feuerwerk sowieso nicht.

Aber mit dem letzten Satz hast Du recht. Wobei nicht mögen maßlos untertrieben ist.

[Sven71]

Eben. Da geht in diesem Fall wohl auch nicht mehr, sonst würde es keiner mehr erkennen.
Ohne Feuerwerk sowieso nicht.

Ist aber kein Qualitätskriterium. Das gälte pars pro toto auch für Bartoks 'Diary of a fly', nachdem es wuchtig ausgebaut wurde. Musik wird durch spielgewaltige Opulenz und dem Bedienen etwaiger Virtuosenansprüche - bis hin zur Ersatzmasturbation auf dem Instrument - nicht automatisch besser. Spieltechnisch beeindruckender natürllich, aber das ist eben nicht alles und kann auf Dauer ziemlich nervig werden. Musik ist am Ende des Tages keine sportliche Disziplin.

[Don]

Ist aber kein Qualitätskriterium. Das gälte pars pro toto auch für Bartoks 'Diary of a fly', nachdem es wuchtig ausgebaut wurde. Musik wird durch spielgewaltige Opulenz und dem Bedienen etwaiger Virtuosenansprüche - bis hin zur Ersatzmasturbation auf dem Instrument - nicht automatisch besser. Spieltechnisch beeindruckender natürllich, aber das ist eben nicht alles und kann auf Dauer ziemlich nervig werden. Musik ist am Ende des Tages keine sportliche Disziplin.

Wenn Virtuosität kein Qualiätskriterium mehr ist, fein.
Dann können wir ja einem meiner Kollegen lauschen, der keine 3 Takte auf seiner Klampfe von irgendwas zustandebringt, aber mit einer Ska Band in Kneipen auftritt.
Wobei mich wirklich wundert daß das Publikum nicht reagiert wie in der Country Bar in Blues Brothers.

Selbstredend geht es schlicht. Qualität vorausgesetzt.
Mein ultimatives Beispiel dafür ist das hier, das ich selbst in Endlosschleife spielte und mir heute noch nahe geht. Die Perfektion in Harmoniefolgen (Modulation) schlechthin, die Messlatte bis heute.


P.S. ich machte optisch nicht ganz soviel her.

[Klopperhorst]

Wenn Virtuosität kein Qualiätskriterium mehr ist, fein.
Dann können wir ja einem meiner Kollegen lauschen, der keine 3 Takte auf seiner Klampfe von irgendwas zustandebringt, aber mit einer Ska Band in Kneipen auftritt.
Wobei mich wirklich wundert daß das Publikum nicht reagiert wie in der Country Bar in Blues Brothers.

Wenn man was getrunken hat, muss es nur noch reinhauen und Krach machen.
Ist ja logisch, weil das Gehirn gar nicht mehr in der Lage ist, Feinheiten auseinander zu halten.

Mein ultimatives Beispiel dafür ist das hier, das ich selbst in Endlosschleife spielte und mir heute noch nahe geht. Die Perfektion in Harmoniefolgen (Modulation) schlechthin, die Messlatte bis heute.


P.S. ich machte optisch nicht ganz soviel her.

Klaviermusik muss man live hören.
Zu Weihnachten ging ich mit meiner Mutter in einer Klavierkonzert, da waren hübsche junge Frauen zu sehen, die wirklich gut spielten, auch schöne deutsche Weihnachtslieder.

---

[Sven71]

Wenn Virtuosität kein Qualiätskriterium mehr ist, fein.

Das habe ich zwar nicht geschrieben, aber erneut lesen ist ja möglich. Es ist kein Qualitätskriterium, ob man ein für ein Klavier transkribiertes Stück nach einigen Ergänzungen, die nur auf dem Tasteninstrument spielbar sind, dann noch wiedererkennt, was Du zuvor in Frage stelltest. Fängst Du jetzt an, wie ein Linker die Aussagen zu verdrehen?

Selbstredend geht es schlicht. Qualität vorausgesetzt.
Mein ultimatives Beispiel dafür ist das hier, das ich selbst in Endlosschleife spielte und mir heute noch nahe geht.

Was nichts anderes bedeutet, als daß es Dir gefällt. An welchen Kriterien machst Du dafür jetzt "Qualität" in einer Weise fest, die von Dritten genauso nachempfunden wird? An der Nummer mit den Millionen, die nicht irren können, kann es wohl nicht liegen. Die Tickets für die aktuelle Rammstein-Tournee waren nach 3 Stunden komplett leergekauft. Ich selbst besuche das nicht, mein ältester Sohn - der gerade die Pianoversionen als Etüden bearbeitet - besucht einen Auftritt in Moskau, weil in Deutschland nichts mehr zu bekommen war. Gut, Bach wird absehbar nicht mehr live auftreten, hat dafür aber seinen sicheren Stand als Kulturgut und in den Regalen der Klassikliebhaber. Dein Beispiel ist auch eine schöne, eingängige Melodie ... als Endlosschleife würde ich sie nicht ertragen. Genaugenommen ertrage ich Endlosschleifen generell sehr schlecht. Vermutlich nehme ich zu oft den Fahrstuhl und werde dort mit Muzak bombardiert.
Über Geschmack lässt sich aus gutem Grund nicht - sinnvoll - streiten. Es kommt nichts dabei heraus. Und meine Garantie drauf: Wenn Slayer dieses Bachpreludium aufarbeitet, wird es Dir absehbar nicht mehr so gut gefallen. Obwohl die abgesehen von ihren geschmackbefreiten Texten ihre Instrumente definitiv beherrschen und denselben Riff auch beim fünften Mal exakt so wie beim ersten Mal hinlegen, was man von vielen Zufallsschrubbern in der Metal-Szene nicht behaupten kann.

[schastar]

Der KZ Schnipsel hat 1,2 Millionen Klicks in zwei Tagen.
Da hat die Knoblauch gar nicht mal Unrecht. Konzentrationslager waren zur industriellen Massenvernichtung von Menschen gedacht.
Das nimmt man nicht um ne Musikplatte zu promoten.

Eine ganze Industrie lebt davon, warum nicht auch Ramstein????

Manche wären ohne die KZ nichts.

[FranzKonz]

Wenn Virtuosität kein Qualiätskriterium mehr ist, fein.

Für Kunst nicht, denn:

Kunst ist, wenn man’s nicht kann,

denn wenn man’s kann, ist’s keine Kunst.