Daß der Staat Immobilienbesitzer mit Steuern und Abgaben belastet, hat vor allem zwei Gründe: erstens ist, wie Du korrekt schreibst, die Immobilie unbeweglich, kann also nicht in eine Kommune mit geringeren Steuern und Abgaben verlegt werden; zweitens sind die Steuern (z.B. Grundsteuer) und Abgaben (z.B. für Entsorgung) Einkommensquellen der Kommunen. Insgesamt hat das aber wenig mit der Lage auf dem Immobilienmarkt zu tun. Hier wirken m.E. vor allem folgende Einflüsse:
- Hohe Nachfrage in Kommunen mit prosperierender Wirtschaft
- Wenig bis kein sozialer Wohnungsbau in den letzten 25 Jahren
- Zögerndes Ausweisen neuer Baugebiete in vielen Kommunen
- Die "Whatever it takes"-Politik zur Euro-"Rettung". Irgendwo müssen die mehrere 1000.000.000.000 € ja hin.
- Über die Jahrzehnte ein deutlicher Anstieg der Quadratmeterzahl pro Bewohner einer Immobilie.
- Allgemeiner Trend zu Verstädterung
Allgemein: Die Punkte sind - z.B. 1 und 6 - nicht messerschaft voneinander zu trennen, ich erläutere kurz meine Gedanken.
Zu 1: Die Menschen, die können, ziehen dorthin, wo es Arbeit gibt. Dadurch wachsen die prosperierenden Kommunen, während in den abgehängten Kommnunen verstärkt die Alten und Transferleistungsempfänger zurückbleiben. Nebenbei: Man betrachte beispielsweise die Mieten in Herne, Gelsenkirchen und Duisburg, um zu erkennen, daß nicht die hohen Mieten die Menschen verarmen lassen.
Zu 2: Tafelsilber läßt sich zur Aufhübschung der Bilanz halt nur einmal verscherbeln. Abgesehen davon fallen Sozialwohnung nach einem bestimmten Zeitraum (oft 15, 20 oder 25 Jahre) aus der Sozialbildung, sodaß hier kontinuierlich neu gebaut werden muß, möchte die Kommune den Bestand an Sozialwohnung auch nur konstant halten.
Zu 3: Kommunen wollen den Donuteffekt - ein sterbendes bzw. ausgestorbenes Zentrum bei wachsender Peripherie - vermeiden und tun sich insgesamt schwer damit, neu Baugebiete auszuweisen. Letztlich müssen aber in den prosperierenden Gebieten Neubauten entstehen, um der gestiegenden und steigenden Nachfrage ein adäquates Angebot gegenüberzustellen.
Zu 4: Kapital ist kein scheues Reh mehr. Das durch die Nullzinspolitik und den Aufkauf wertloser Anleihen für 80.000.000.000 Euro pro Monat - und das über viele Jahre - in den Markt gepumpte Kapital muß ja irgendwohin. Neben Aktien und Beteiligungen bieten und boten sich nürlich auch - vermeintlich sichere - Immobilien an. Man beachte, daß hier die Preise teilweise deutlich stärker gestiegen sind als die zugehörigen Mieten, über die ständig gejammert wird.
Zu 5: Das impliziert, daß auch eine Kommune, deren Einwohnerzahl nur konstant bleibt, Neubaugebiete ausweisen oder zumindest eine Nachverdichtung ermöglichen muß.
Zu 6: Lange war das Muster vorherrschend, daß auch Stadtkinder als junge Erwachsene eher in den Speckgürtel ziehen, weil für junge Familien, die einen Immobilienerwerb anstreben, dieser in Großstädten eher schwer finanzierbar war und ist. Ein Haus oder eine Wohnung, insbesondere mit Garten, ist in Großstädten aufgrund der höheren Bodenpreise, exklusiver. Im Alter zog man, (finanziell) gesetzter geworden, wieder in die Stadt, da dort die Infrastruktur besser was und ist. Etwa seit der Jahrtausendwende haben aber auch junge Familien vielfach den Anspruch, in der Stadt, gern in zentraler, szeniger Lage, zu wohnen. Solange man sich das leisten kann, ist dagegen wenig einzuwenden. Jeder ist seines Glückes Schmied.
Absurd ist, daß gerade in Berlin, das
[Links nur für registrierte Nutzer] ist, der Ruf nach Enteignungen laut wird. Berlin ist die einzige Hauptstadt in Europa, der Pro-Kopf-BIP unter dem Landesdurchschnitt liegt, letzteren also drückt. Gemessen an den eigenen Metropolenanspruch sind die Mieten in Berlin spottbillig, man schaue mal nach Rom, Paris oder London. Tatsache ist, daß sich viele ziemlich kommod in der anonymen Berliner Armut eingerichtet haben. Was nun eben tendentiell nicht mehr so gut klappt wie noch vor ein oder zwei Jahrzehnten. Mal provokant gefragt: Warum soll die Allgemeinheit - der Staat - für den Anspruch einiger weniger Hipster, die meinen, sie müßten trotz unterdurchschnittlicher Bezahlung im Kreativ-/Medienbereich dauerhaft zur Miete in zentraler Lage wohnen, bezahlen?
Und noch weiter: inwiefern lösen Enteignungen überhaupt das Problem? Entsteht dadurch neuer Wohnraum? Das ganze Ansinnen ist m.E völlig infantil.