Zitat von
FaustDick
Der Höhenflug der Grünen wird ja schon ausgiebig diskutiert, aber ich habe mir mal die Mühe gemacht das Wahlverhalten der letzten Bundestagswahl mit der EU-Wahl an Hand einzelner Berliner Bezirke zu vergleichen, da die Haupstadt in ihren Bezirken in der Vergangenheit- insbesondere im Ost/West-Vergleich - sehr unterschiedliche Wahlergebnisse produziert hat, aber die Grünen jetzt überall zum Überflieger wurden.
Fangen wir beispielsweise mit Berlin Treptow-Köpenick an; ein Stadteil im ehemaligen Ost-Berlin in dem tradioniell DIE LINKE sehr stark ist, aber auch die AfD für Berliner Verhältnisse ihre stärkeren Ergebnisse vorweisen kann. Bei der Bundestagswahl 2017 hat DIE LINKE in Treptow-Köpenick 39,9% der Erstimmen geholt und 25,1% der Zweitstimmen, die Grünen hingegen lediglich 5% der Erststimmen und 7,8,% der Zweitstimmen:
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Und jetzt kommt die EU-Wahl: Plötzlich bekommt DIE LINKE "nur" noch 18,6% der Stimmen und die Grünen 20,1%. Alle übrigen Parteien bleiben ungefähr gleich, heisst: Die Wähler der Grünen können im Löwenanteil eigentlich nur von der Linken gekommen sein.
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Zweites Kuriosum: Berlin-Spandau. Wer Berlin kennt, weiß, dass Spandau ein sehr spezieller Bezirk ist, da er erst seit 1920 zum Berliner Stadtgebiet gehört. Bei der Wahl 2017 einer der Bezirke in dem Welt für die CDU und die SPD noch relativ in Ordnung gewesen ist. Die SPD hat 32,1% der Erststimmen und 22,7% der Zweitstimmen, die CDU 30,9% der Erstimmen und 28,1% der Zweitstimmen geholt, aber auch die AfD ist auf immerhin 13,4% der Erststimmen und 14,1% der Zweitstimmen gekommen. Die Grünen lediglich auf 6,2% und 8,5%.
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Auch hier holen die Grünen bei der EU-Wahl auf einmal 20,5% der Stimmen, während CDU und SPD stark Federn lassen:
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In diesem Fall sind die meisten Wähler wohl tatsächlich von CDU und SPD gekommen, aber Berlin-Spandau ist keiner dieser Szene-, Hipster- und Alt-68er-Bezirke, wo man den typischen Grünen-Wähler vorfindet; hier läuft ein völlig "eigenes" Klientel herum.
Woher ziehen die Grünen auf einmal ihr Wählerpotential?
In Berlin Marzahn-Hellersdorf hat die AfD bei der Bundestagswahl mit 20,6% der Erstimmen und 21,6% der Zweistimmen ihr stärkstes Ergebnis im Stadtgebiet engefahren, die Grünen hingegen mit 3,1% der Erstimmen und 4,1% der Zweitstimmen ihr schlechtestes:
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Selbst hier kommen die Grünen bei der EU-Wahl plötzlich auf immerhin 13,1% der Stimmen, während im Gegensatz zu Treptow Köpenick CDU, SPD UND Linke kräftig Stimmen lassen:
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Wenn man jetzt noch die Ergebnisse der EU-Wahl 2014 heranzieht stellt man fest, dass die Grünen auch dort schon stärker abgeschnitten haben als bei nationalen Wahlen, heisst also, dass es diverse Wechselwähler zu geben scheint, die die Grünen auf EU-Ebene aus irgendwelchen Gründen für kompetenter halten als die Parteien die sie national wählen, wobei diese Wähler im Osten von den Linken zu kommen scheinen, während im Westen hauptsächlich von CDU und SPD.
Was denkt der Wähler mit den Grünen erreichen zu können, speziell auf EU-Ebene? Die Ausweitung dt. Klimapolitik auf die EU?
Oder aber liegt es an der Wahlbeteiligung; daran das Grünen-Anhänger verstärkt zur EU-Wahl gehen?