+ Auf Thema antworten
Seite 47 von 157 ErsteErste ... 37 43 44 45 46 47 48 49 50 51 57 97 147 ... LetzteLetzte
Zeige Ergebnis 461 bis 470 von 1567

Thema: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

  1. #461
    GESPERRT
    Registriert seit
    08.04.2017
    Beiträge
    7.777

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von nurmalso2.0 Beitrag anzeigen
    Weiß jemand wo die Alan Kurdi Treibstoff bunkert und wie lang der vorhält?
    Warum?

    Neuerdings sieht man auf den Rasenstreifen an den Pariser Ausfallstrassen Zelte. Es sind Flüchtlinge, die hier campieren, unterwegs von irgendwoher, unterwegs irgendwohin; vielleicht sind sie gestrandet, vielleicht warten sie auf Arbeit oder auf eine Reisegelegenheit. Wer weiss, ob sie morgen schon nach irgendwo zurückgeschafft werden. Um in Wochen- oder Monatsfrist wieder an derselben Stelle anzulangen.
    Anzeige
    [Links nur für registrierte Nutzer]


    Immer schon gab es im Bois de Boulogne einen Campingplatz, und wer Glück hat und an der Wasserfront einen Platz ergattert, sieht auf die träge fliessende und still stinkende Seine hinunter. Ein kurzes Stück flussaufwärts donnert es von der sechsspurig befahrenen Brücke hinüber nach Suresnes, am gegenüberliegenden Ufer dröhnt der Verkehr über den Quai Gallieni. Viel billiger übernachtet man nirgends in Paris.
    Die Unterschiede zwischen den Zelten an den Ausfallstrassen und auf dem Camping im Bois de Boulogne sind graduell. Laut ist es da wie dort, und wenn Unrat herumliegt rund um die Zelte der Flüchtlinge, dann hängt das vor allem mit der fehlenden Infrastruktur zusammen. Wo soll man sich waschen, wohin soll man mit dem Müll? Und dann werfen die Autofahrer auch noch ihre Zigarettenkippen oder Kaffeebecher achtlos zum Fenster hinaus und womöglich gleich vor den Zelteingang.
    Das Dasein in der Schwebe

    Wenn sich von aussen gesehen die Zelte wenig oder kaum unterscheiden, so tun es ihre Bewohner umso schärfer. Die einen haben gültige Reisedokumente, die zum Aufenthalt berechtigen, die anderen meistens weder das eine noch das andere. Die Touristen verbringen ihre Tage mit Sightseeing und Lagerfeuerromantik. Die Migranten sind stets auf der Hut vor den Behörden und darauf bedacht, schleunigst wegzukommen.
    Dennoch sind sich beide überraschenderweise sehr viel ähnlicher, als es einem Beobachter und gerade ihnen selber scheinen will. Beide sind sie auf der Flucht, auch wenn der Tourist nur gerade seinem Alltag entflohen ist, der Migrant indessen nicht weniger als seine Haut retten will. Hier wie dort hängt das Dasein für eine Weile in der Schwebe und in den Schrecken oder Freuden des Vakuums: Ob in den Ferien oder auf der Flucht, der Mensch fällt aus seiner Zeit heraus. Nur ist im einen Fall die Wahrscheinlichkeit, dass er wieder hineinfindet (hineinfinden muss zum eigenen Verdruss), um einiges verlässlicher als im anderen.
    Dieses Innehalten des Daseins schafft keinen Ort zum dauerhaften Aufenthalt, es ist noch nicht einmal ein Provisorium. Man lässt es sich aber in den Ferien gefallen, weil es Anspruchslosigkeit und Abenteuer suggeriert. Doch der Tourist weiss: Es ist ein Spiel. Zu Hause wartet ein Bett. Dem Flüchtling indes ist es bitterer Ernst. Der Nicht-Ort und das Leben in der Schwebe werden für lange sein Schicksal bleiben. Die Rückkehr schliesst er aus.
    Das Unterwegssein wird in einem Ausmass zu unserer zweiten Natur, dass wir den Ausnahmezustand des Reisens schon gar nicht mehr als solchen wahrnehmen.
    Erkennt der Tourist, dass ihn mit dem Flüchtling – jenseits existenzieller Unterschiede – einiges verbindet? Gewiss nicht, und das liegt nicht nur daran, dass ihre Zelte nicht auf Sichtweite zueinander stehen. Vielmehr müsste jeder im anderen die Karikatur seiner selbst erblicken. Der Flüchtling könnte sich, wenn ihm denn überhaupt danach noch zumute wäre, über den Ferienreisenden in seinem Zelt nur wundern. Und der Tourist? Er würde sich indigniert abwenden. Der Anblick könnte ihm etwas peinlich sein, da er sich als Obdachlosigkeitsdarsteller entlarvt vorkommen muss.
    Und wenn der Reisende komfortabel im Hotel logiert, so wird er den Flüchtling umso weniger als sein Alter Ego anschauen, auch wenn sein Hotelzimmer einen exemplarischen Nicht-Ort vorstellt und sein Alltag darin suspendiert ist zwischen Ankunft und Rückkehr. Nie wird er im Flüchtlingsheim, wo das Leben auf andere Weise stockt und den Atem anhält, das etwas trostlosere Abbild seines Hotels erkennen. Und nie wird er die Mobilität des Migranten mit seiner eigenen Reiselust vergleichen wollen und können.
    Wie verwunderlich dieser blinde Fleck ist, der sich im Mangel an Empathie manifestiert, zeigt sich schon an einer einzigen Zahl: Mehr als eine Milliarde Menschen sind im vergangenen Jahr über die dreissig grössten europäischen Flughäfen gereist. Und wenn man sich jetzt noch die Massen jener hinzudenkt, die mit anderen – öffentlichen oder privaten – Verkehrsmitteln auf Reisen gehen, dann erst macht man sich [Links nur für registrierte Nutzer]
    Als Folge dieser anschwellenden Ströme verbringen immer mehr Menschen immer längere Zeit an Nicht-Orten: von den Abfertigungshallen und Bahnhöfen über die Autobahnraststätten bis schliesslich zu den Hotelbetten. Das Unterwegssein wird in einem Ausmass zu unserer zweiten Natur, dass wir den Ausnahmezustand des Reisens schon gar nicht mehr als solchen wahrnehmen – und erst recht nicht verstehen, dass unsere Condition humaine immer schon fundamental davon bestimmt ist.
    In meiner Jugend sah ich gelegentlich an grossen Kreuzungen in den Städten Wegweiser mit der Aufschrift «Transit». Heute fallen sie mir nicht mehr auf. Damals aber verstand ich nicht, was es damit auf sich hatte. Ein Wegweiser ohne Ortsangabe schien mir sinnlos. Und warum sollte einer in die Stadt hineinfahren, wenn er nur am anderen Ende wieder herauskommen will? Erst heute, da man die Schilder kaum mehr sieht, erschliesst sich mir der maliziöse Hintersinn.
    Es fehlt uns eine anschauliche Philosophie des Transitorischen, die uns eine Ahnung davon geben könnte, warum die Reisewut so unbezähmbar machtvoll über uns herrscht.
    Wir sind alle immer nur auf Durchfahrt. Nicht die Destination zählt, aber das Wegkommen. Und vielleicht ist noch nicht einmal dies das Wichtigste, sondern allein die Tatsache des Unterwegsseins. «Transit» war darum Verheissung, und es war Fluch zugleich: Die Ankunft war darin nicht vorgesehen, sondern immer nur das Fort- und Weiterkommen. Es hält sich also in unserem Reisefieber ein Atavismus verborgen, den wir nur darum nicht mehr als solchen ansehen, weil heutzutage das Reisen so gefahrlos und in einem existenziellen Sinn wohlfeil geworden ist.
    Wir setzen unsere Haut nur noch metaphorisch aufs Spiel. Und kaum erkennen wir – oder nurmehr als Nostalgie – die Sehnsucht, die uns schon als Kinder vom Wegkommen träumen liess: Es ist das Verlangen nach dem besseren und schöneren Leben, das im gediegenen Hotel mit Frühstücksbuffet, Swimmingpool, Meerblick oder Ähnlichem sein letztlich doch etwas traurig ernüchterndes Surrogat gefunden hat.
    Utopisches Potenzial

    Es mangelt uns nicht an Reisebeschreibungen von den frühesten Dichtern bis zu den heutigen. Umso mehr aber fehlt uns eine anschauliche Philosophie des Transitorischen, die uns eine Ahnung davon geben könnte, [Links nur für registrierte Nutzer] dass wir noch das Verweilen an den ödesten Nicht-Orten als Wohltat empfinden. Wir würden verstehen lernen, dass am Grunde dieser Rastlosigkeit der alte Fluchtinstinkt fortwirkt, der uns immer wieder gebieterisch einzuflüstern scheint: nur weg von hier, auf zu neuen, anderen, besseren Ufern.
    Und begreift man nun, was den Luxusreisenden mit dem Backpacker im Bois de Boulogne und beide wiederum mit den am Strassenrand campierenden Migranten verbindet? Gegen jeden äusseren Anschein unterscheidet sich das, was die einen aus Lust und zum Vergnügen tun, in nichts Wesentlichem von dem, was die anderen aus schierer Not wagen. Vor dem inneren Auge sehen sie das Schild «Transit», das ihnen Glück verheisst und dem sie in dem alten, seit Kindheitstagen der Menschheit unbezwingbaren Wunsch gehorchen, aus Mühsal und Alltag, aus Bedrängnis und Not auszubrechen, wegzugehen, das andere zu suchen. Nur dies unterscheidet die Reisenden von den Flüchtlingen zuletzt: Jene kehren nach abgemessener Zeit zur Ausnüchterung zurück; diese stranden vielleicht irgendwo und geben die Hoffnung auch dann nicht auf.
    Ein Nicht-Ort sei das Gegenteil der Utopie, schrieb einmal der französische Ethnologe Marc Augé. Das mag auf eine Abfertigungshalle oder eine Autobahnraststätte zutreffen. Ein Flüchtlingsheim ist zwar der Grenzbegriff eines Nicht-Ortes, mehr Nicht an einem Ort geht nicht. Aber es ist von allen Unorten gewiss jener, an dem noch die stärksten utopischen Kräfte zu walten vermögen. Was Reisen im Innersten und zuletzt heisst: Von den Migranten könnte es mancher Tourist lernen. Mag sein, dass er danach weniger reisen würde – aber gewiss anders.

  2. #462
    Last Line Of Defense Benutzerbild von sunbeam
    Registriert seit
    12.11.2004
    Beiträge
    77.105

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von Ruy Beitrag anzeigen
    Er will dich überzeugen.
    Hat er schon. Jeder von Euch hat mich bereits davon überzeugt, dass die Evolution in einer Sackgasse steckt.
    When the night is done the sun starts smiling
    The ocean kisses the sky and the horizon

    It‘s a lovelee dae – and the sun is shining
    Everywhere I go – I see children smilin‘

  3. #463
    Last Line Of Defense Benutzerbild von sunbeam
    Registriert seit
    12.11.2004
    Beiträge
    77.105

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von Ruy Beitrag anzeigen
    Den ausgebeuteten Völkern Afrikas hat man seitens Europas schon lange den Krieg erklärt.
    Eben. Daher gilt es so schnell wie möglich Europa die Strafe zukommen zu lassen, die es verdient: Ansiedlung von 500.000.000 Afrikanern!
    When the night is done the sun starts smiling
    The ocean kisses the sky and the horizon

    It‘s a lovelee dae – and the sun is shining
    Everywhere I go – I see children smilin‘

  4. #464
    Weedmeister Benutzerbild von Schlummifix
    Registriert seit
    05.04.2014
    Ort
    Kalifat Hamburg
    Beiträge
    36.080

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen


  5. #465
    Mitglied Benutzerbild von Buella
    Registriert seit
    26.03.2006
    Ort
    Wie gehabt: Südlich des Nordpols
    Beiträge
    48.229

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von Ruy Beitrag anzeigen
    Den ausgebeuteten Völkern Afrikas hat man seitens Europas schon lange den Krieg erklärt.
    Wer ist denn " ... man ... " und geht es vielleicht etwas konkreter, was man sich unter dieser Kriegs-Erklärung vorstellen muß?
    Terror, vornehmlich gegen unschuldige Zivilisten, ist Krieg.
    Krieg ist die schlimmste Form des Terrors, weil es vornehmlich unschuldige Zivilisten trifft, die einfach nur das Pech haben, dort zu leben.

  6. #466
    Last Line Of Defense Benutzerbild von sunbeam
    Registriert seit
    12.11.2004
    Beiträge
    77.105

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von Schlummifix Beitrag anzeigen
    DAS sind Bilder die ich sehen will! Solche Schiffe, 20–30 täglich, in Kiel, Bremerhaven oder Hamburg!
    When the night is done the sun starts smiling
    The ocean kisses the sky and the horizon

    It‘s a lovelee dae – and the sun is shining
    Everywhere I go – I see children smilin‘

  7. #467
    Faut faire avec Benutzerbild von Xarrion
    Registriert seit
    07.09.2011
    Ort
    Preußen
    Beiträge
    22.930

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von Schlummifix Beitrag anzeigen
    So stelle ich mir die Schiffe bei Jean Raspail vor.
    Gott mit uns

    Nicht wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. Niccolò Machiavelli

  8. #468
    Mitglied Benutzerbild von Shahirrim
    Registriert seit
    25.06.2009
    Ort
    HH
    Beiträge
    82.930

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von sunbeam Beitrag anzeigen
    DAS sind Bilder die ich sehen will! Solche Schiffe, 20–30 täglich, in Kiel, Bremerhaven oder Hamburg!
    Bitte direkt in Blankenese abladen. Auch Til Schweiger hat da ein Haus.

  9. #469
    Weedmeister Benutzerbild von Schlummifix
    Registriert seit
    05.04.2014
    Ort
    Kalifat Hamburg
    Beiträge
    36.080

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von sunbeam Beitrag anzeigen
    DAS sind Bilder die ich sehen will! Solche Schiffe, 20–30 täglich, in Kiel, Bremerhaven oder Hamburg!
    Deutschland kann gar nicht genug Fachkräfte bekommen.

  10. #470
    Mitglied Benutzerbild von Soshana
    Registriert seit
    10.12.2009
    Beiträge
    39.742

    Standard AW: Deutsches "Rettungsschiff" "Alan Kurdi" will in Italien anlegen

    Zitat Zitat von sunbeam Beitrag anzeigen
    DAS sind Bilder die ich sehen will! Solche Schiffe, 20–30 täglich, in Kiel, Bremerhaven oder Hamburg!
    Frueher wurden auf grossen Schiffen Millionen Einwanderer von Europa an die Ostkueste der USA gebracht. Schiffe eignen sich als Transportmittel hervorragend dafuer.

    Das koennte die BRD jetzt logistisch eigentlich mit Afrika ebenfalls machen ?

    Ich sehe es nicht ein, dass sich Merkel jetzt vom Acker macht und das Weite sucht.

    Sie wollte die Willkommenskultur und die Politik der offenen Grenzen, dann muss sie das aber jetzt auch so voll umsetzen und zwar zu einhundert Prozent und ohne grosse Lager in Nordafrika und tausenden Toten auf dem Mittelmeer.

    Die BRD muss sich jetzt um den Transport, den Transfer und die Unterbringung der Afrikaner kuemmern.
    “The powers of financial capitalism had another far reaching aim, nothing less than to create a world system of financial control in private hands able to dominate the political system of each country and the economy of the world as a whole.” –Prof. Caroll Quigley, Georgetown University, Tragedy and Hope (1966)

+ Auf Thema antworten

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Ähnliche Themen

  1. "Der Seher", "andere Welt" oder "stille Sonne" - SF-Visionen zur Zukunft der USA
    Von Beverly im Forum Internationale Politik / Globalisierung
    Antworten: 14
    Letzter Beitrag: 12.11.2017, 16:40
  2. Antworten: 13
    Letzter Beitrag: 31.10.2014, 22:33
  3. Fitch: Italien fast Ramsch - von "A-" auf "BBB+"
    Von Houseworker im Forum Wirtschafts- / Finanzpolitik
    Antworten: 29
    Letzter Beitrag: 10.03.2013, 16:13
  4. die "Skydive"-"Widder58"-"Dayan"-"Freelancer"- Israel-Show
    Von Widder58 im Forum Internationale Politik / Globalisierung
    Antworten: 2050
    Letzter Beitrag: 24.06.2011, 16:53
  5. "1776" und "1789" - genauso eine Katastrophe wie "1917" und "1933"?
    Von Beverly im Forum Gesellschaftstheorien / Philosophie
    Antworten: 19
    Letzter Beitrag: 31.01.2008, 15:28

Nutzer die den Thread gelesen haben : 48

Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •  
nach oben