Du verwechselst Individualität mit Egoismus. Was leider leicht passiert im Kapitalismus. Weil das System es auch so will, dass man das verwechselt.
Ich lehne Individualität keineswegs ab. Aber es ist eben nicht alles. Menschen sind angewiesen auf soziale Gemeinschaften. Sowohl für die eigene Psyche als auch für die Organisation des täglichen Lebens als auch für das Überleben der Art. Ohne soziale Gemeinschaften wäre der Mensch längst ausgestorben. Denn andere Spezies sind ihm als Einzelkämpfer überlegen. Und allein für die Aufzucht des Nachwuchs braucht die Menschheit Gemeinschaften. Während viele Tiere schon bei Geburt voll ausgestattet sind, braucht der Mensch über 10 Jahre, um sein Gehirn, seine einzige überlegene Waffe, voll auszureifen. Setze einen Säugling in der freien Natur aus und das arme Ding überlebt keine zwei Stunden.
Neben der Individualität muss also auch die Sozialität stehen. Das ist kein entweder...oder, sondern ein sowohl...als auch. Beides muss sich gegenseitig ergänzen. Daher ist in einer Gesellschaft Kohäsion wichtig. Spaltung zerstört. Nur leider scheißt der Kapitalismus auf Kohäsion. Er will keine Kohäsion, keinen gesellschaftlichen Zusammenhalt. Kapitalismus funktioniert nur dann, wenn er Menschen zu Einzelkämpfern macht, die 24/7 auf allen Ebenen gegeneinander konkurrieren. Das ist das ideologische Mantra "Wettbewerb". Kompetition statt Kooperation. Und das spaltet menschliche Gesellschaften. Der Reiche triumphiert, der Schwache wird abgehängt. Kapitalismus propagiert, dass man sich nur mehr anstrengen müsse, um "wettbewerbsfähig" zu sein. Schon wieder Ideologie. Denn das vergisst völlig, dass es immer Leute auf den hinteren Plätzen geben wird. Wenn der Letzte sich mehr anstrengt, ist der Vorletzte ganz hinten. Irgendwer ist immer ganz hinten. Diese Leute brauchen die Unterstützung der Gemeinschaft. Aber Kapitalismus will keine Unterstützung der Gemeinschaft. Kapitalismus will Menschen gegeneinander ausspielen, isolieren, separieren, auf sich allein gestellt lassen. Nur wenn eine Gesellschaft gespalten ist und aus zig Millionen Einzelkämpfern besteht, ist die Gesellschaft so schwach, dass die Einzelinteressen weniger Reicher sich immer und überall durchsetzen.
"...Aber Kapitalismus will keine Unterstützung der Gemeinschaft. Kapitalismus will Menschen gegeneinander ausspielen, isolieren, separieren, auf sich allein gestellt lassen..."
Kurz: Der Kapitalismus will Menschen ausbeuten.