Ein überraschend kritisch-informativer [Links nur für registrierte Nutzer], der ohne Schönfärberei auskommt. In Auszügen ( Hervorhebungen von mir ):
Wie viele es einst waren lässt sich nur noch schwer beziffern, es werden knapp 3.000 gewesen sein: Heute stehen noch rund 2.000 der für den Ostseeraum typischen Schlösser, Guts- und Herrenhäuser in Mecklenburg und Vorpommern. Doch für viele der einst prächtigen Bauten sieht es schlecht aus. Sie haben Krieg und Sozialismus überlebt und stehen nun kurz vor dem Verfall. Doch wie konnte es soweit kommen?
[...]Unweit von Schwerin in einem kleinen Dorf nördlich der Stadt Rehna, abseits der Bundesstraße steht im grauen Trist des Spätwinters die traurige Ruine des Herrenhauses Löwitz. Ein einst prächtiger Bau der Neugotik, errichtet vom Schweriner Architekten Georg Daniel in den 1850er Jahren. Ein Meisterwerk seiner Zeit, thronend auf einem mächtigen Sockel aus Granitstein, der kunstvolle Mittelrisalit verleiht der Fassade eine fast märchenhafte Ausdruckskraft.

Die Bewunderung dieser architektonischen Baukunst erhält schnell einen Dämpfer. Das marode Dach stammt offenbar noch aus den Zeiten der Vorwende, es ist an vielen Stellen durchlässig und teilweise eingestürzt. Jahrelang regnete es in das Haus hinein, in vielen Räumen sind die Geschossdecken bis auf den mächtigen Gewölbekeller runtergebrochen. Unbeeindruckt von dem Niedergang eines Kulturdenkmals grasen Schafe in ihrer noch dichten Winterwolle am Fuße des herrschaftlichen Treppenaufgangs.


Das Herrenhaus von Löwitz steht stellvertretend für die unzähligen, vom unwiederbringlichen Verfall bedrohten Häuser im deutschen Ostseeraum. Sie waren einst Sitze des norddeutschen Landadels und vermögender Industrieller. Wie ein breites Band zogen sich die Güter von der dänischen Grenze entlang der Küstenlinie bis hoch ins Baltikum. Ausdruck deutscher Schaffenskraft und Kulturerbe einer vergangenen Zeit.
Die Vertreibung und Bodenreform in den Jahren 1945-46 in der Sowjetischen Besatzungszone führte zur Enteignung allen Grundbesitzes mit mehr als 100 Hektar Fläche, somit war jedes Gut, jede Adels- und Großbauernfamilie in Mecklenburg-Vorpommern davon betroffen. Den Eigentümern, denen man Kollaboration und Unterstützung des NS-Regimes vorwarf, gewährte man oftmals nur wenige Stunden Zeit unter Zurücklassung allen Eigentums ihr Heim zu verlassen und in den Westen zu fliehen. Sofern sie nicht bereits erschossen, erschlagen oder in einem der zahlreichen Straflager der Bolschewisten saßen.
Ganz genau so war das!

Ein anderes trauriges Beispiel ist der Abriss des Gutshaues Danneborth im Jahr 2018. Während der DDR ein Ferienheim war das Haus nach der Wende in einem sehr guten Zustand. Nur kleinere Umbauten hatten viel der Originalsubstanz erhalten. Auch hier der immer wieder anzutreffende Ablauf: Privatisierung, mehrfacher Besitzerwechsel, Spekulation und Verfall.


Zuletzt wurde das Haus an die Industriellen-Familie Merckle verkauft, diese hatte aber offenbar nur Interesse an dem zugehörigen Ackerland. Trotz Denkmalschutzstatus erfolgte im Sommer 2018 der Abriss. Die Genehmigung kam vom Landrat (SPD) persönlich. Denkmalschützer und Interessensgemeinschaften liefen Sturm, aber gegen die weitreichenden Netzwerke der „roten Barone“ und ihrer Erfüllungsgehilfen in den Regierungsämtern kamen sie nicht an.
Häuser die mit angemessenem Umfang nicht mehr zu retten sind werden von der Denkmalschutzliste gestrichen. Ihr Sterben erfolgt leise, ohne bürokratischen Vermerk.

Dabei bietet insbesondere das Denkmalschutzgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern ausreichend rechtliches Handhabe die gegenwärtigen Eigentümer zu Sicherungsmaßnahmen zu verpflichten oder diese als sogenannte „Ersatzmaßnahme“ durch die Behörden selbst zu veranlassen. Diesen Aufwand an Kosten und nachfolgenden Rechtsstreitigkeit scheut man allerdings. Und so ist das Denkmalschutzgesetz in dieser Hinsicht ein zahnloser Tiger. So auch in Löwitz, wo die zuständige Denkmalschutzbehörde Ordnungsgelder verhängte die bis heute nicht vollstreckt wurden. Für Ersatzvornahmen ist kein Geld da. Pikant: Die heutige Kulturministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Birgit Hesse (SPD) war von 2008 – 2014 Landrätin im Landkreis Nordwestmecklenburg und somit als Dienstherrin der zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde quasi verantwortlich für die Unzulänglichkeit der behördlichen Maßnahmen.