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"Die industriell und landwirtschaftlich entwickelten Gebiete Polens wurden am 26. Oktober 1939 annektiert. Vor dem Krieg wurden in diesen Gebieten 100 Prozent der Kohle Polens gefördert, 100 Prozent des Zinks, 97,5 Prozent des Roheisens, 90 Prozent des Stahls und 70 Prozent des Zuckers produziert. In diesen Gebieten waren 80 Prozent der polnischen Industriebetriebe konzentriert und die Getreideerträge lagen erheblich höher als im Landesdurchschnitt.[24] Der verbleibende Teil des besetzten Polens wurde zum „Generalgouvernement“ gemacht, das entindustrialisiert werden sollte, Heimat für ein Volk von Wanderarbeitern und Abladeplatz für „unerwünschte“ Bevölkerungsgruppen Deutschlands.
Die Zielsetzung sah vor, die lokale Wirtschaft schnell in die Wirtschaft des Deutschen Reiches zu integrieren und sämtliche Ressourcen an Rohstoffen und Arbeitskräften für die Kriegsanstrengungen auszunutzen. Insbesondere sollten Polen und Juden enteignet und die Produktion gesteigert werden. Zunächst wurde das Vermögen der polnischen staatlichen Einrichtungen, politischen Organisationen und religiösen Gemeinschaften durch die neugegründete Haupttreuhandstelle Ost (HTO) beschlagnahmt. Auch private Betriebe und Unternehmen im Besitz von Polen und Juden wurden konfisziert. Auf diese Weise wurde annähernd 100 % des Vermögens beschlagnahmt, das den deutschen Zivilbehörden, der NSDAP, der Wehrmacht, der SS, Siedlern oder deutschen Bombengeschädigten zuging. Des Weiteren wurden Arbeiter für die deutsche Industrie angeworben oder später auch in ein Arbeitsverhältnis gezwungen. Insgesamt wurden etwa 2,8 Millionen polnische Zwangsarbeiter aus allen Territorien deportiert, so dass zum Beispiel im Wartheland ein Bevölkerungsrückgang um 12,2 % zu verzeichnen war.[25]
Besondere Bedeutung kam dem Industriegebiet in Oberschlesien zu. In diesem Gebiet befanden sich 1764 Betriebe mit allein 65 Steinkohlegruben (Produktion: 79 Mio. t), 24 Erzgruben (Produktion: 60.000 t), 96 Eisenwerke (Produktion: 3 Mio. t Rohstahl und 1,9 Mio. t Stahl), 67 Chemiewerke, vier Kraftwerke und sieben Zementwerke und insgesamt 178.449 Facharbeitern (Stand 1940).[26] Insbesondere die Stahl- und Steinkohleproduktion hatte an der Kriegswirtschaft einen maßgeblichen Anteil. Die Industrieproduktion wurde systematisch gesteigert, während 75 % der Handwerksbetriebe und Einzelhandelsgeschäfte bis 1942 ersatzlos geschlossen wurden.
Ebenfalls große Bedeutung erlangte die Landwirtschaft in den annektierten Provinzen, besonders im Wartheland, das als ein Überschussgebiet galt. Die polnischen Großbetriebe wurden aufgelöst und an prominente Nationalsozialisten oder hohe Offiziere vergeben. Lediglich in Westpreußen und Südostpreußen konnten polnische Bauern auf ihren Höfen bleiben, mussten jedoch die Ernte an die deutschen Behörden liefern. Im Übrigen wurden mittelgroße Betriebe von Volksdeutschen übernommen und die polnischen Eigentümer in das Generalgouvernement deportiert. Im Jahre 1942 erbrachte allein das Wartheland mit drei Millionen Tonnen Getreide 13 % des deutschen Gesamtbedarfes, sowie 30 % des Zuckerbedarfes.[27]
Wirtschaft im Generalgouvernement
Im Generalgouvernement hielten sich die Enteignungen im Vergleich zu den annektierten Gebieten in Grenzen. Die deutschen Besatzer konfiszierten jedoch das Vermögen des polnischen Staates, der Juden und der ins Ausland geflüchteten polnischen Bürger. Insgesamt machte dies etwa ein Drittel des Vermögensbestandes im Generalgouvernement aus. Der Bevölkerung wurden hohe Steuern auferlegt, deren Ertrag die Besoldung der im Generalgouvernement stationierten Wehrmacht, SS, Polizei und Verwaltung deckte. Zusätzlich wurden damit 1940 und 1941 die Straßenbauprogramme zur Vorbereitung des Krieges gegen die Sowjetunion finanziert.
Dem Generalgouvernement selbst wurde von Hitler trotz der Einwände des WiRüAmtes keine größere wirtschaftliche Bedeutung beigemessen. Es sollte lediglich Arbeitskräfte stellen und sich ansonsten mit dem Nötigsten selbst versorgen können. Man begann deshalb im Oktober 1939 damit, sämtliche vorhandenen Industrieanlagen und Maschinen zu demontieren und in das Deutsche Reich zu bringen. Dies verursachte Massenarbeitslosigkeit und Güterknappheit. Die Demontage hatte jedoch auch negative Folgen für die deutsche Rüstungswirtschaft, so dass man ab Januar 1940 dazu überging, die Fabriken im Generalgouvernement wieder instand zu setzen und ihre Produktion direkt zur Unterstützung der deutschen Kriegsanstrengungen einzusetzen. Im Zeitraum von September 1940 bis Juni 1944 stieg die Zahl jener Betriebe im Generalgouvernement, welche direkt für die Rüstungsindustrie produzierten, von 186 auf 404, was zu einem wesentlichen Teil auch darauf zurückzuführen war, dass einige deutsche Betriebe wegen der alliierten Bombenangriffe auf das Reichsgebiet nach Polen auswichen. Deren Produktion stieg im selben Zeitraum von 12.550.000 RM auf 86.084.000 RM.[28]
Während die Überschussgebiete in den angegliederten Provinzen bereits für das Deutsche Reich produzierten, war das Territorium des Generalgouvernements ein landwirtschaftliches Zuschussgebiet. Deshalb war die Sicherstellung der Selbstversorgung dort das vorrangige Ziel. Die Versuche, dies durch rationelle Bewirtschaftung zu erreichen, blieben bis 1942 erfolglos und die Erträge blieben wegen ungünstiger Witterungsbedingungen sogar noch hinter den Erträgen der Vorkriegszeit zurück. Um die Produktion zu steigern, wurden ab 1942 zur Eintreibung der Erträge Zwangs- und Terrormaßnahmen angewandt. Auf diese Weise, und auch durch die systematische Vernichtung der jüdischen Bevölkerung, erreichte man einen sprunghaften Anstieg der landwirtschaftlichen Exporte. Waren noch 1940/41 lediglich 55.000 Tonnen Getreide und 122.000 Tonnen Kartoffeln in das Deutsche Reich exportiert worden, steigerte sich dies im Jahr 1943/44 auf 571.700 Tonnen Getreide und 387.000 Tonnen Kartoffeln. Zusätzlich versorgte das Generalgouvernement noch etwa 500.000 Soldaten der Wehrmacht, 50.000 Angehörige von Polizei und SS, sowie etwa 400.000 sowjetische Kriegsgefangene. "