Was aus anderer Quelle wiederum bestritten wird:
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Wobei die wohl auch andere Gruende haben, genau dieses zu tun. Morales begruendet sein ins Exil gehen mit dem Druck des Militaers.
Warum hat sich Boliviens Armee so rasch vom Präsidenten abgewendet, und weshalb geschieht nicht dasselbe in Venezuela? Vier Gründe
Wegen des Wahlbetrugs hat die bolivianische Armee Evo Morales fallengelassen. Weshalb geschieht dies nicht im Falle von Nicolás Maduro in Venezuela?
Werner J. Marti12.11.2019, 12:31 Uhr
Die bolivianische Armee hat zusammen mit der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) eine Schlüsselrolle beim Rücktritt von Evo Morales gespielt. Nach der Wahl vom 20. Oktober gab es immer mehr Anzeichen für Wahlbetrug – allen voran die unerklärte 24-stündige Unterbrechung der Bekanntgabe von Zwischenresultaten, nach der sich der Trend für eine Stichwahl plötzlich umkehrte. Tausende von Bolivianern protestierten in den letzten drei Wochen auf den Strassen gegen die von ihnen wahrgenommene Manipulation des Wahlresultates. Morales selbst willigte in eine Überprüfung der Auszählung durch die OAS-Beobachter ein.
Der am Sonntag von der OAS veröffentlichte Bericht war verheerend für den Präsidenten. Er sprach von schweren Unregelmässigkeiten und davon, dass das Computersystem der Wahlbehörde zu einem solchen Grad manipuliert worden sei, dass eine tiefgründige staatliche Untersuchung notwendig sei. Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass dies den Wahlausgang verändert habe (sprich: dass eine nötige Stichwahl verhindert wurde), sei sehr hoch. Die OAS empfahl als Schlussfolgerung, die (Morales-hörige) Wahlbehörde aufzulösen und die Wahl zu wiederholen.
Kurz darauf legte der Armeechef Williams Kaliman dem Präsidenten nahe, zurückzutreten. Er tat dies nach eigenem Bekunden, um die Ruhe im Land sicherzustellen und die Verfassung durchzusetzen. Laut Artikel 245 des bolivianischen Grundgesetzes ist Letzteres auch Aufgabe der Armee, wenn die übrigen Instanzen wie hier der Wahlrat und die Justiz dies nicht können. Beide wurden von Morales kontrolliert und waren damit nicht in der Lage, im Sinne der Verfassung zu handeln und den Wahlbetrug zu unterbinden. Trotzdem stellt sich die Frage, weshalb sich die Militärs so rasch gegen den Präsidenten stellten, während in Venezuela die Armee trotz unhaltbaren Zuständen für die Bevölkerung seit Jahren zu Maduro hält. Dafür gibt es mindestens vier Gründe:
Williams Kaliman, der Oberbefehlshaber der bolivianischen Armee, spielte bei der Entmachtung von Morales eine Schlüsselrolle. (Bild: David Mercado / Reuters)
1. Stärkere Einbindung in die Regierung
Als Präsident hatte Evo Morales enge Beziehungen zur Armee. In seiner 14-jährigen Regierungszeit hatte er grossen Einfluss auf die Auswahl der obersten Kader. Er traf sich jeden Montag mit der Militärführung und setzte auch Soldaten für Sozialprogramme ein. Zudem unterstützte er die armeeeigenen Betriebe. Das ist trotzdem nicht vergleichbar mit der noch wesentlich stärkeren Bindung der Militärs an die regierenden Chavisten in Venezuela. Bereits die Ausgangslage war hier anders. Als hoher Offizier war Hugo Chávez von Beginn weg bestens vernetzt in der Armee, ganz im Gegensatz zu Evo Morales, für den die Armee früher als Vorsitzender der Kokabauern eher ein Unterdrückungsinstrument war. Chávez und erst recht Maduro gaben den Militärs eine zunehmend wichtigere Rolle als Minister in der Regierung.
2. Kriminelle Tätigkeiten
Chávez und Maduro beteiligten die Militärs auch systematisch an gewinnbringenden illegalen Tätigkeiten, von Korruption bis hin zu Drogenhandel. Damit wird es für die korrumpierten Armeeführer überlebenswichtig, dass das Regime von Nicolás Maduro weiterexistiert. Denn nur so ist garantiert, dass sie sich der Strafverfolgung entziehen können. Bei einem Sturz des Regimes müssten sie sich auf langjährige Gefängnisstrafen gefasst machen oder aber ins Exil gehen. Drogenkriminalität unter den Sicherheitskräften gibt es natürlich auch in Bolivien, etwa im Fall des Polizeigenerals René Sanabria, der den Amerikanern in Miami ins Netz ging. Doch nach allem, was bekannt ist, war dieses Phänomen bei weitem nicht so verbreitet wie in Venezuela. Die Militärführung muss nach dem Rücktritt von Morales kaum befürchten, kollektiv ins Gefängnis gesteckt zu werden.
3. Kubanische Geheimdienstler
Die Chavisten in Venezuela haben ausserdem eine enge Kontrolle über die venezolanische Armee durch kubanische Spione installiert. Damit verfügt Maduro ausser über die engere Anbindung auch über eine unabhängige Überwachungs- und Kontrollinstanz für seine Offizierskader, die direkt ihm rapportiert. Wer in Ungnade fällt, verschwindet im Gefängnis. Es ist deshalb mit grossen Risiken verbunden, sich innerhalb der militärischen Kommandos gegen die Regierung zu stellen oder gar einen Aufstand zu planen. Etwas Vergleichbares gab es in Bolivien nicht. Mit anderen Worten hat Chávez in Venezuela einen viel professionelleren Repressionsapparat aufgestellt, während Morales sich mehr auf die Unterstützung der Indigenen und generell des bolivianischen Volkes für seine Bewegung verlassen hat. Knapp zwei Drittel der Wähler haben ihm 2009 und 2014 bereits im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen ihre Stimme gegeben.
4. Erfahrung aus dem Einsatz gegen die Bevölkerung
Bei der Unterdrückung eines Volksaufstandes in Bolivien im Jahre 2003 durch die Sicherheitskräfte wurden 68 Personen getötet und über 400 verletzt. Bei der späteren Aufarbeitung des Geschehens durch die Justiz wurden nur die beteiligten Militärs zu hohen Haftstrafen verurteilt, während zwei Minister mit vergleichsweise leichten Strafen davonkamen. Dies hat Unzufriedenheit bei den Militärs ausgelöst und Zurückhaltung bewirkt, wenn es später darum ging, für die zivile Regierung die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Die Armee wehrt sich deshalb dagegen, leichtfertig gegen das Volk eingesetzt zu werden. In Venezuela haben die Streitkräfte keine vergleichbaren Erfahrungen gemacht.
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