Wäre ich ein Deutscher, dann würde ich nicht länger hinnehmen, daß Hitler - mehr als vierzig Jahre nach seinem Untergang - noch immer die Richtlinien bundesdeutscher Politik bestimmte. Ich würde mich schämen und darüber empören, daß jede noch so vernünftige politische Fragestellung oder Maßnahme - komme sie nun von rechts, links oder aus der <Mitte> - nur daraufhin eingeschätzt wird, ob sie mit Hitler in Zusammenhang gebracht werden könne. Beispiele gefällig? .......... Man äußert Vorbehalte gegenüber bestimmten Maßnahmen der israelischen Regierung oder auch gegenüber dem Einfluß amerikanischer Juden auf die Außenpolitik der USA -und wird verdächtigt: <Da liegen Sie aber völlig auf der antisemitischen Linie von Hitler.> Man wehrt sich gegen Pornographie, Abtreibung und Verlotterung der Jugend - und erhält die Abfuhr: <Wollen Sie denn wieder, wie Hitler, Zensur, Drill und Mutterschaftskreuze einführen?> Man spricht von miserabilistischer Literatur und kultureller Dekadenz - und wird zur Rede gestellt: <Haben Sie denn vergessen, daß Hitler mit diesen Phrasen die moderne Kunst geächtet hat?> Man wagt es, Tugenden wie Fleiß, Ordnungsliebe, Sauberkeit Treue und Opfersinn zu loben - und wird belehrt: <Wissen Sie nicht, daß auch die SS solche vordemokratischen Attitüden gefordert und gefördert hat?> .......... <Sie haben also nichts aus der Geschichte des Hitler-Reiches gelernt?>
Weitere Beispiele ließen sich leicht hinzufügen. Man denke etwa an die Worte <Arbeitsdienst>,<Gemeinwohl geht vor Eigennutz> und <Ehre>, an das Lavieren angesichts der Asylantenflut, ... an die schizophrenen Debatten über <Verfassungsfeinde> im Staatsdienst - nichts klappt, ....., weil sofort alle Furien diffamierender Verdächtigung losgelassen werden - wegen Hitler! Wegen Hitler wird beargwöhnt, wer von nationalen Interessen oder von Erbgesundheit oder von Recht und Ordnung oder auch nur davon spricht, daß es darauf ankomme, Herr im eigenen Haus zu sein. ..........
Adolf Hitler bestimmt offenbar, egal wer in Bonn (Berlin, F.A.) regiert, immer noch die Richtlinien der Politik der BRD. Denn das wahre Grundgesetz dieses Staates scheint in dem kategorischen Imperativ zu bestehen, alles zu unterlassen, - und sei es auch noch so vernünftig -, was auch im entferntesten noch an Adolf Hitler erinnern könnte. ............
Wäre ich ein Deutscher, dann würde ich darauf bestehen, daß die Richtlinien deutscher Politik nicht länger von jenem Mann bestimmt werden, dessen 100. Geburtstag in zwei Jahren sein wird. Eine tiefgreifende <Enthitlerisierung> der Bundesrepublik ist überfällig. Es spricht nicht für die Normalität der Verhältnisse, daß ein Deutscher, der solches öffentlich zu fordern wagte, höchstwahrscheinlich in den Geruch eines <Neonazi> käme."
Gerd-Klaus Kaltenbrunner: "Bestimmt Hitler noch heute unsere Politik?", Deutschland-Magazin, 1987