Nach den Landtagswahlen in Thüringen gilt die Linke als künftige Regierungspartei, die AfD hingegen nicht. Dabei waren viele Linken-Abgeordnete persönlich in die SED-Diktatur verstrickt. Ein Blick in die neue Linken-Fraktion im Thüringer Landtag.
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Auch wenn die Partei in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken versucht, sie hätte mit dem SED-Regime nichts zu tun, so muss man offenbar daran erinnern, dass sich die Staatspartei der DDR 1989 lediglich umbenannte und danach noch dreimal den Namen wechselte – bis sie sich 2007 etwas anmaßend Die Linke taufte.
Sie ist weder eine Neugründung noch eine Nachfolgepartei, sondern, wie ihr Schatzmeister Karl Holluba 2009 an Eides Statt erklärte, „rechtsidentisch mit der ,Die Linkspartei.PDS‘, die es seit 2005 gab, und der PDS, die es vorher gab, und der SED, die es vorher gab.“
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Bis heute hat kein Parteitag der Linken die DDR klipp und klar als Diktatur verurteilt. Im Gegenteil: In ihrem Parteiprogramm wird behauptet, dass die Ostdeutschen während der 40-jährigen sozialistischen Diktatur vor allem positive Erfahrungen gemacht hätten – wie die „Beseitigung von Erwerbslosigkeit“, die „wirtschaftliche Eigenständigkeit der Frauen“ oder die „weitgehende Überwindung von Armut“. Die Unterdrückung in der DDR, die mindestens 200.000 Menschen ins Gefängnis brachte, bagatellisiert die Linke dagegen als „Erfahrungen staatlicher Willkür und eingeschränkter Freiheiten“. Trotz des Desasters der Planwirtschaft kämpft sie laut Programm immer noch für ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem in Deutschland – den Sozialismus.
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Für viele ehemalige SED-Funktionäre und Stasi-Mitarbeiter ist die Linke deshalb bis heute traute politische Heimat, für manche auch die fast bruchlose Fortsetzung ihres früheren Funktionärslebens. Nicht nur auf kommunaler Ebene, sondern auch in den ostdeutschen Landtagen und im Bundestag sitzen zahlreiche Abgeordnete, die in der SED-Diktatur aktiv mitgewirkt haben. Besonders ausgeprägt ist diese personelle Kontinuität in Thüringen, wo die Partei den Anspruch erhebt, weitere fünf Jahre zu regieren. Auch diesmal hat die Linke ihre Kandidaten so ausgewählt, dass
von den 29 Landtagsabgeordneten etliche einst der SED dienten.
Da ist zum Beispiel die thüringische Infrastrukturministerin Birgit Keller. Nachdem sie 1977 der SED beitrat, war sie in den 1980er Jahren hauptamtliche Funktionärin einer FDJ- und SED-Kreisleitung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion André Blechschmidt hat eine ähnliche Karriere hinter sich. Nach einem Studium des Marxismus-Leninismus wurde er 1982 Mitarbeiter im Rat des Bezirkes Erfurt, wo er zuständig für die Durchsetzung des Machtanspruchs der SED gegenüber den Kirchen war. Der DDR-Staatssicherheitsdienst führte ihn zudem als Inoffizieller Mitarbeiter.
Keller und Blechschmidt sind nur die prominentesten Fälle, in denen ehemalige SED-Funktionäre in der Linken wieder zu Macht und Einfluss kamen. Auch Knut Korschewsky, tourismuspolitischer Sprecher der Linksfraktion, gehört bereits seit 1979 der SED an und war in der DDR zuletzt hauptamtlicher Funktionär der FDJ-Kreisleitung Suhl. Ebenfalls seit vier Jahrzehnten sind die Abgeordneten Ute Lukasch und Ralf Kalich Parteigenossen. Kalich ist innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion und war in der DDR als Berufsoffizier bei den Grenztruppen dafür zuständig, Fluchtversuche mit Waffengewalt zu verhindern.
Die Liste der ehemaligen SED-Funktionäre im neuen Thüringer Landtag ist damit noch nicht zu Ende. Mit 46 Jahren Parteimitgliedschaft ist die Abgeordnete Gudrun Martha Lukin das dienstälteste SED-Mitglied der Linksfraktion. Sie studierte einst Marxismus-Leninismus in der Sowjetunion und arbeitete ab 1984 für den von der SED eingesetzten Jenaer Bürgermeister. Als hauptamtliche Funktionärin der SED-Stadtleitung in Erfurt war ihre Fraktionskollegin Karola-Elke Stange in der Hierarchie noch höher stehend, denn in der DDR wurden alle wichtigen Entscheidungen von der SED getroffen. Selbst die wesentlich jüngere Arbeits- und Sozialministerin Heike Werner war nach einer zweijährigen Tätigkeit bei der FDJ-Kreisleitung in Zwickau eine viel versprechende DDR-Jungfunktionärin, deren Marxismus-Leninismus-Studium nur durch die Friedliche Revolution ein Ende fand.
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