Gratis-ÖPNV in Luxemburg Abgefahren!

Ab heute macht Luxemburg den öffentlichen Nah- und Bahnverkehr kostenlos, als erstes Land weltweit. Die Idee wird gefeiert - und kritisiert.

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29.02.2020, 16:29 Uhr




Künftig Gratis: Die Straßenbahn im Luxemburger Bankenviertel Kirchberg
Harald Tittel/ dpa

Dezember 2018. Luxemburgs Premierminister Xavier Bettel ist gerade für eine zweite Amtszeit als Regierungschef vereidigt worden, als er sich dazu entscheidet, eine Sensation zu verkünden: Der öffentliche Nah- und Bahnverkehr in Luxemburg soll kostenlos werden, und zwar für alle: Einwohner, Pendler, Touristen. Weltweit berichten Medien darüber, die ARD, die [Links nur für registrierte Nutzer], auch der [Links nur für registrierte Nutzer].

Bettel sonnte sich in der globalen Aufmerksamkeit und verkündete: "Das steht uns einfach gut zu Gesicht und trägt enorm zum Image Luxemburgs bei.“
Am diesem Samstag tritt die Maßnahme in Kraft: Die Fahrkartenautomaten an den Bus- und Bahnhaltestellen des Großherzogtums werden abgerissen, die Ticketschalter in den Bahnhöfen geschlossen, die Zugbegleiter bekommen neue Aufgaben. Wer öffentlich fahren will, steigt einfach ein.
Aber bringt die Maßnahme überhaupt etwas? Wird die Anzahl der Passagiere steigen? Und wer profitiert vom Gratis-Transport?

Mehr geht nicht

Mylène Bianchy steht gerade auf einem Bahnsteig im Hauptbahnhof von Luxemburg-Stadt, als der Anruf des SPIEGEL sie erreicht. Bianchy ist die Präsidentin der luxemburgischen Eisenbahnergewerkschaft Syprolux. Im Hintergrund ist das Rauschen und Dröhnen des Bahnhofs zu hören, sie sagt: "Der Gratis-Transport ist an sich keine schlechte Maßnahme. Aber sie kommt zu früh. Die Infrastruktur des öffentlichen Verkehrs in Luxemburg ist nicht bereit, so etwas anzubieten.“

Bianchy befürchtet, dass die Qualität des öffentlichen Verkehrs durch diese Maßnahme leidet. "Wir sind jetzt schon über der Kapazität. Die Züge sind voll. Das öffentliche Verkehrsnetz kann einen Ansturm durch Gratis-Fahrten überhaupt nicht bewältigen.“
Diese Sorge teilt auch Georges Melchers, Generalsekretär vom Landesverband der Gewerkschaft der Bediensteten im Transportwesen. "Wenn durch den Gratis-Transport die Anzahl an Fahrgästen steigt, dann wird es zu Engpässen kommen. Das Netz ist nicht bereit.“
Riskiert also jeder, der den kostenlosen Nahverkehr in Luxemburg ausprobieren will, vor überfüllten Zügen zu stehen?


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