Afro-Tucken und Zigeuner-Huren
Cowboys, Prinzessinnen und Clows sind die Klassiker der Karnevals-Kostüme. Einige Verkleidungen überschreiten aber die Geschmacksgrenze.
Keine Prinzessin ohne Krone, kein Pirat ohne Augenklappe, kein Clown ohne rote Nase. Karnevalskostüme funktionieren über Klischees. Manche sind harmlos, einige krasser. Wir haben uns in den Kostüm-Onlineshops einmal umgesehen.
Klassiker: Weiße Jungmänner und -frauen stülpen sich gerne Afroperücken über ihren blonden Schopf. Nur die ganz Harten malen sich dazu
[Links nur für registrierte Nutzer], werfen sich ein Baströckchen über und stecken sich
[Links nur für registrierte Nutzer]. Damit die Käufer auch verstehen, um was es geht, versehen Onlineshops ihre Kostüme gerne mit
[Links nur für registrierte Nutzer]: „Mit unserer Mama Afrika Afro Perücke bist Du der Hingucker auf jeder Faschingsparty. Bereits von weitem wirst Du als gefährlicher Kannibale erkannt. (...) Du kommst mächtig ins schwitzen? Da siehst Du mal, wie es Mama Afrika im Dschungel ergeht.“
Und natürlich ist man mit einem solchen Kostüm „von einem echten Afrikaner kaum zu unterscheiden.“ Ständig ein „frohes Lied auf den Lippen" ist man ganz die „afrikanische Frohnatur". Schminkfarben fürs Blackfacing müssen allerdings
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Genau, einmal ein Wilder sein, naiv aber immer gut gelaunt. Das ist Afrika.
Doppelter Fehltritt: Wieso nur ein Klischee, wenn sich doch zwei so einfach verbinden
lassen. Für
[Links nur für registrierte Nutzer] sorgte in den vergangenen Tagen das Angebot eines großen deutschen Kostümshops. Der verkaufte die Perücke
[Links nur für registrierte Nutzer]für 9,99 Euro
(mittlerweile vom Shop entfernt. Screenshot siehe Bild oben, d. Red.). Schwarz und schwul, wie witzig!
Kommentatoren empörten sich vor allem über die dazugehörige Beschreibung des Onlineshops. „Unser Afro-Jamie bewegt sich rein schwimmtechnisch gesehen noch ganz schön in der Nähe der Uferpromenade des anderen Ufers. Wer einen eher tuckigeren afroamerikanischen Glanzauftritt bevorzugt, sollte jetzt dringend zuschlagen. Die tuckigsten Afros überhaupt!“ Die Beschreibung wurde mittlerweile entfernt. Bei einem anderen Kostüm-Shop wird die Perücke als
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Ethno-Klischee: Beliebte Verkleidungsopfer sind auch Roma und Sinti. „Zigeuner“-Kostüme finden sich dutzendfach bei Kostümshops. Große Ohringe, bunte Röcke, schwarz-lockiges Haar mit grellen Tüchern darüber und fertig ist die „Zigeunerin/Wahrsagerin".
Doch sie ist
[Links nur für registrierte Nutzer] als das: „Zu dieser Wahrsagerin kommen hauptsächlich männliche Kunden - und auch diese nur nebensächlich wegen Ratschlägen zu ihrer Zukunft...“ Klar, „Zigeunerinnen“ sagen die Zukunft voraus und machen für Männer die Beine breit.
„Wolle teuren Schmuck, wolle Juwehle? Billig, billig, du kaufen, hier bei mir, bei Markt. Marokko Markt teuer, aber bei Yassin billig, billig. Du nur machen Looki Looki, nur gucken, auch gut...“.
[Links nur für registrierte Nutzer], als dummen Europäern billigen Schmuck zu verkaufen. Sich einmal in die Rolle des Ausbeuters begeben, ein Traum zum Karneval.
Und was soll dieser
[Links nur für registrierte Nutzer] sein? Genau: ein fröhlicher Türke mit rotem Hut.
Terror-Taliban: Schnauzer, Kappe, beiger Stoff und eine Stange Dynamit in der Hand – das ist das
[Links nur für registrierte Nutzer]. Und wenn der Araber kein Terrorist ist, dann wenigstens
[Links nur für registrierte Nutzer]. Mit Zigarre zwischen den Lippen und Dollarscheinen in der Hand.
Nazi-Chic: In Deutschland wagt sich kaum jemand an Nazioutfits zur Faschingszeit. Vor allem im angelsächsischen Raum hat man da weniger Berührungsängste. Nicht erst seitdem
[Links nur für registrierte Nutzer] für einen Skandal sorgte sind dort Führer-Kostüme beliebt. Im englischen Petersborough kann das Hitler-Kostüm nur im Laden gekauft werden. Dafür zeigt
[Links nur für registrierte Nutzer], worauf man sich nach Erwerb freuen kann. Wer es nicht ganz so aufdringlich mag, kann sich auch mit einer
[Links nur für registrierte Nutzer]begnügen oder mit einer
[Links nur für registrierte Nutzer]. Im Deutschen Shop ist die
[Links nur für registrierte Nutzer] derzeit nicht verfügbar.
Man kann mit Klischees im Karneval kreativ spielen, selbstironisch sein und witzig. Die Tradition, exotische Völker nachzuempfinden birgt aber nicht erst seit der N-Wort- und der Blackfacing-Debatte die Gefahr, Grenzen zu überschreiten. Viele fühlen sich verletzt von Ethno-Verkleidungen die rassistische Stereotype bemühen. Letztlich sind Türken-, Afrikaner- und Zigeunerkostume vor allem eines: geschmack- und phantasielos.
Man sollte sich – ausnahmsweise – ein Vorbild an den USA nehmen (bis auf ihr Hitler-Faible und vereinzelte Ausrutscher wie Ku-Klux-Klan-Verkleidungen). Denn dort sind Halloween-Kostüme meist
[Links nur für registrierte Nutzer], spezieller, bunter, aufwändiger als die, die bald wieder in Köln, Düsseldorf und Mainz zu sehen sein werden.
Quelle: taz.de