Kunst ist letztlich überbewertet. "Es ist alles lächerlich, wenn man an den Tod denkt", hat Thomas Bernhard mal bei einer Preisverleihung gesagt und ein kleines Skandälchen damit ausgelöst. Aber er hatte natürlich recht. In "Alte Meister" - seinem vorletzten Roman vor "Auslöschung" - heißt es: "Wir gewöhnen uns natürlich in Jahrzehnten an einen Menschen und lieben ihn Jahrzehnte und lieben ihn schließlich mehr als alles andere und ketten uns an ihn und wenn wir ihn verlieren, ist es tatsächlich so, als hätten wir alles verloren. Immer habe ich geglaubt, die Musik ist es, die mir alles bedeutet, manchmal ja auch, die Philosophie ist es, die hohe und die höchste und die allerhöchste Schriftstellerei, wie überhaupt, daß es ganz einfach die Kunst ist, aber alles das, die ganze Kunst, wie auch immer, ist nichts gegen diesen einzigen geliebten Menschen."
Ich selber habe oft versucht, mir aus verschiedenen Arten der Kunst so eine Art Ersatzreligion zu basteln und bin damit immer gescheitert. Hier ist alles voll mit Kunst und Musik und Opern und Romanen und Dichtungen aber mir ist mittlerweile auch völlig egal, ob mir das jemand glaubt oder nicht. Früher habe ich mir auch immer viel Mühe mit der sprachlichen Gestaltung meiner Beiträge in Kommentarbereichen und Diskussionsforen zu geben. Mittlerweile ist mir das alles scheißegal. Die ganze Kunst ist völlig überbewertet. Kein einziger Künstler ist sozusagen Prophet einer Kunstreligion, dem Gott die Feder geleitet hat - noch der größte Künstler - Mozart, Bach, Cevantes, usw. - hat stärkere und schwächere Momente. Manche Werke sind stark, andere sind vernachlässigenswert. Die Klaviersonaten von Mozart sind unbedeutend, die Klavierkonzerte ab "Jeunehomme" gehören zu den Weltwundern der Kunst.
Aber im Angesicht des Todes sind auch diese Klavierkonzerte natürlich lächerlich und noch lächerlicher ist nur der Versuch, sich quasi an die Kunst als Ersatzreligion zu klammern. "Alles Fleisch, es ist wie Gras" und alle Kunst auch. Es ist eine säkulare Ersatzreligion. Gerade in Deutschland wurde das ja seit dem 19. Jahrhundert zunehmend versucht, die Kunst zu einer Ersatzreligion zu machen. Parsifal ist der Höhepunkt dessen. Aber man kann mit Wagner nicht sterben. Da ist es besser, den Hebräerbrief zu lesen - oder Kohelet in Bezug auf das Thema: "Es ist alles gantz Eitel (leer) / sprach der Prediger / Es ist alles gantz eitel." [Links nur für registrierte Nutzer]