ELEKTROAUTO-CRASHTEST IM VIDEO
Die größte Gefahr sind brennende Batterien
Die AXA-Versicherung hat herausgefunden, welche Herausforderungen Elektroautos in Sachen Sicherheit stellen. Eine von ihnen ist die geringe Geräuschkulisse. Einmal im Jahr werden mehr als 80 Tonnen Metall und Beton in Form von Leitplanken und anderer Barrieren auf den Flugplatz in Dübendorf gekarrt. Dann ist wieder Crashtest-Time. Dabei stellt die federführende AXA-Versicherung immer andere Sicherheitsaspekte bei Automobilen in den Mittelpunkt. Diesmal ging es in dem beschaulichen Ort in der Nähe von Zürich um
Elektroautos.
Die Beschleunigung von E-Autos spielt eine Rolle
Zwar seien Elektroautos
generell so sicher wie jene mit Verbrennungsmotoren, sagt Bettina Zahnd, Leiterin der Unfallforschung und Prävention bei der AXA-Versicherung. „Aber wir sehen erste Tendenzen, in welchen Bereichen sich die Schadensszenarien unterscheiden.“ Statistisch sei das zwar noch nicht komplett belastbar, aber gerade bei den SUV und Luxusautos mit Elektroantrieb zeigte sich zwischen 2014 und 2018 in der Schweiz eine um 40 Prozent erhöhte Schadenhäufigkeit im Vergleich zu Modellen mit Benzin- und Einen der Gründe sieht Zahnd in der starken und unvermittelten Leistungsentfaltung der oft mit viel Power gesegneten Autos aus der Tesla-Klasse. Bei einer AXA-Umfrage gaben 52 Prozent der E-Auto-Fahrer an, dass sie aufgrund des veränderten Beschleunigungsvermögens ihr Fahrverhalten anpassen mussten. „Wir sehen schon, dass die Kraft und Beschleunigung eine Herausforderung sind“, sagt Zahnd.
Heftiges Geschepper, weitgestreutes Trümmerfeld
Darauf zielte das erste Crashtest-Szenario ab. Ein Renault Zoe und ein betagter Volvo V70 mit konventionellem Antrieb fuhren mit jeweils 68,5 km/h aufeinander zu. Auf ein heftiges Geschepper beim Aufprall folgte ein weitgestreutes Trümmerfeld, das nur erahnen ließ, welch starke Kräfte dabei wirkten. Entsprechend groß waren die Konsequenzen für die Dummies an Bord der beiden Unfallautos. Beim Volvo war die Fahrgastzelle nicht mehr intakt, „da erwarte ich große Verletzungen“, sagt Zahnd. Obwohl es den moderneren Zoe beim Aufprall etwas weniger schlimm erwischt hat, wären die Verletzungen der Insassen wohl schwer gewesen – möglicherweise sogar tödlich.
Der Aufprall ist aber nur ein Teil eines Unfalls. Die eigentliche Herausforderung schließt sich bei E-Autos dann erst an, und das hat vor allem mit der Batterie zu tun. Die kann bei einer derart heftigen Kollision deformiert werden und durch übermäßige Hitzeentwicklung Feuer fangen. Nicht unbedingt direkt, das kann auch nach 48 Stunden noch passieren. Wegen dieser Gefahr hatten die in Dübendorf gecrashten Autos auch nicht mehr ihre eigentliche Batterie an Bord. Um deren Beitrag zur Steifigkeit der E-Mobile zu simulieren und auch sonst alles möglichst stilecht nachzustellen, installierte das AXA-Team stattdessen etwa 300 Kilogramm schwere Akku-Dummies in den Autos.
Unfallautos kommen in den Container
Beim realen Unfallgeschehen stellen die Hochvolt-Energiespeicher die Retter vor neue Probleme, für die kreative Lösungen her müssen. So existieren in der Schweiz sechs speziell entwickelte Container, in denen ein verunglücktes E-Auto vom Unfallort abtransportiert werden kann. Sollte es nach einer Weile zu brennen anfangen und niemand bekommt es mit, bedroht es in der hermetisch abgeriegelten Box nicht die Umgebung. Mehr noch: Der Container verfügt über ein Feuerlösch-System, das die Flammen ersticken kann, und einen Abzug für den Qualm.
Bisher handelt es sich bei derartigen Maßnahmen noch um Einzelinitiativen, flächendeckend sind sie noch nicht im Einsatz. Die Retter wünschen sich aber generell simplere technische Lösungen und weitere Verbesserungen in Elektroautos, um effektiv helfen zu können: „Wichtig wären zum Beispiel Löschöffnungen in den Batteriepaketen, damit wir die Akkus sofort fluten können, sobald sich ein Feuer entwickelt“, sagt Michael Derungs, Fachausbilder für alternative Antriebe bei der Berufsfeuerwehr Zürich. Doch auch er sieht Elektroautos „nicht per se“ gefährlicher als konventionelle Fahrzeuge.
Hersteller favorisieren andere Lösungen
Auf Herstellerseite sieht man die Wünsche der Retter zwiespältig. Zumal man mehrere Löschöffnungen bräuchte, damit die Feuerwehr sie je nach Unfallszenario auch tatsächlich von allen Seiten erreichen kann. „Wir würden damit eine Art Sollbruchstellen schaffen, die sich über die Lebensdauer des Autos negativ auswirken könnten“, sagt ein hochrangiger Audi-Entwickler. Beispielsweise könnte Kondenswasser über die Öffnungen in die Akkus geraten und Kurzschlüsse verursachen.
Deshalb gehen die Ingolstädter bei ihren E-Tron-Modellen den Weg, die Batterie hermetisch abzuriegeln. Indem die Kühlung um das Batteriegehäuse herum verläuft, befindet sich das Akkupaket in einer wasserdichten Umgebung, die man nicht aufbrechen möchte. Außerdem sei das Sicherheitskonzept darauf ausgelegt, Batteriebrände gar nicht erst entstehen zu lassen; die bisherigen Crashtests würden zeigen, dass das auch nicht vorkomme. Falls doch mal ein Akku in Brand gerät, könne er über die Löschlanze, die zur Standardausrüstung der Feuerwehr gehört, gut gelöscht werden.
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