Denn der einzige, der sich als Kanzlerkandidat derzeit geradezu aufdrängt, ist Olaf Scholz. Vizekanzler, Finanzminister, Hilfspaket-Schnürer in der Corona-Krise. Bei der Bevölkerung der beliebteste SPD-Politiker. Aber eben auch jener Olaf Scholz, der vor gerade einem halben Jahr seine wohl größte Niederlage einstecken musste, als die SPD-Mitglieder ihm den Sprung an die Parteispitze verwehrten.
Können Esken und Walter-Borjans, deren Kandidatur um den SPD-Vorsitz nicht zuletzt eine Kandidatur gegen Scholz war, so weit über ihren Schatten springen? In der Fraktion soll es eine überwältigende Mehrheit für eine Scholz-Kandidatur geben. Dem nachzugeben, wäre wohl ihre ultimative Niederlage.
Da verwundert kaum, dass die Parteichefs einem Bericht des Magazins "Cicero" einen anderen Wunschkandidaten haben: Den unscheinbaren Fraktionschef und Parteilinken Rolf Mützenich.Der 60-jährige Rheinländer ist ein versierter Außenpolitiker - doch schon in die Rolle des Fraktionschefs musste er nach dem Rücktritt von Andrea Nahles ein wenig gedrängt werden. Eigentlich steht er lieber in der zweiten Reihe - ein leiser Mann, der immer sehr höflich und viel zu nett für einen ausgebufften, eiskalten Wahlkampf wirkt. Mützenich beim TV-Duell gegen einen Unionskandidaten Friedrich Merz? Es ist schwer vorzustellen.