Als Admiral Cuniberti in Italien 1903 seine Abhandlung über seine Idee für ein neuartiges Großkampfschiff veröffentlichte, konnte er wohl noch nicht ahnen, was das für Folgen haben sollte. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass ohne diese Idee der Erste Weltkrieg gänzlich anders verlaufen wäre oder gar nicht stattgefunden hätte.

Nach Cunibertis Aufsatz im "Jane`s Fighting Ships" und den Erfahrungen der Schlacht von Tsushima (bei der die japanische Flotte mit ihren 30 cm Geschützen die russische Flotte, die mehrheitlich auf kleinere Kaliber mit 25,4 cm baute, auf den Meeresgrund schickte) nahm Admiral Lord Fisher diese Idee auf und gab für die Royal Navy ein Konzept in Auftrag, das folgende Details umfasste:

- 10 x 30,5 cm Geschütze in 5 Zwillingstürmen
- keine Mittelartillerie mehr (nur noch zur Torpedoboot-Abwehr 76 mm Geschütze)
- Dampfturbinen statt Expansionsmaschinen (Spitze >20 kn)
- Panzerung zwischen 100 mm und 280 mm

Obwohl die Briten von der US "South Carolina" Klasse wussten, die nach ähnlichem Konzept geplant war, nahmen sie von ihrem größten Konkurrenten, Deutschland, an, er könne keinesfalls in den nächsten Jahren ein solches Schiff bauen. Die Hochseeflotte war erst ein Paar Jahre alt, die deutschen Werften noch nicht so weit wie die übrige Schwerindustrie und die deutschen Planer und Schiffsarchitekten waren gerade beschäftigt mit den Vorbereitungden des Baus der letzten "vor-Dreadnought" Klasse, der "Deutschland" Linienschiffe (Expansionsmaschinen, 18 kn, 4 x 28 cm) und es gab keinen Hersteller, der derartig große Turbinen hätte bauen können.

Als die "HMS Dreadnought" nach nur 14 Monaten Bauzeit im Dezember 1906 fertiggestellt war, ahnten die Briten allerdings schon, welch katastrophalen Fehler sie da begangen haben. Sie hatten nicht nur übersehen, dass die Deutschen an einer ganzen Klasse von diesen Großkampfschiffen planten ("Nassau" und "Helgoland" Klassen) sondern hatten auch alles an Großkampfschiffen entwertet, was bis dahin gebaut worden war. Etwa 50 Linienschiffe waren jetzt de facto veraltet und nur noch für 2nd line duties brauchbar.

Nur ein halbes Jahr nach Indienststellung der Dreadnought, lief die SMS "Nassau" vom Stapel. Zwar ein noch eher ungelenker Versuch, dieses Konzept umzusetzen aber ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die ein Jahr später auf Stapel gelegte "Helgoland" Klasse war dann der wirklich ernstzunehmende Gegner der Briten, die Folgeklassen wie "Kaiser" Klasse und "König" Klasse sowie die deutsche Antwort auf die "Super Dreadnoughts" der "Queen Elizabeth" Klasse, die "Bayern" Klasse sowie die den Briten zumindest ebenbürtigen Schlachtkreuzer bis hin zum direkten Vorfahren der Scharnhorst/Gneisenau Klasse des 2. Weltkrieges, der "Derfflinger" und "Hindenburg" sowie "Mackensen" Klassen eskalierten das Flottenbau-Rennen bis ins Extremste.

Als die deutschen Werften, Planer und Flottenführer den Briten immer näher auf den Pelz rückten, schrillten in der Londoner Admiralität die Alarmglocken. 1914 waren die SMS "Bayern" und SMS "Baden", erstmals mit 38 cm Geschützen im Bau. Zwei Weitere in Planung. Die schnellen, gut gepanzerten und kalibermäßig mit 30,5 cm durchaus respektablen Schlachtkreuzer waren noch viel mehr ein Grund für Kriegsgeheul. Hätten die Briten 1914 gezögert, gegen uns zu Felde zu ziehen, hätten sie sich spätestens 1916 einer annähernd gleich großen, hochmoderenen Flotte gegenübergesehen, die - so zeigte es Skagerrak - einer direkten Konfrontation mit ungewissem Ausgang für das Empire nicht hätte scheuen müssen. Also erklärte man uns den Krieg wegen....Belgien......

Mit all den Folgen - auch für die Briten - bis heute. Finanzieller Ruin in den 1920ern, Verlust erster Kolonien wie Kanada und Australien 1931, Krieg mit dem Reich, wieder höchste Verschuldung (USA....), Verlust weiterer wichtiger Kolonien (Indien...) und schließlich Untergang des Empire im Schatten der neuen Supermacht USA. Ruin des alten Europas mit all seiner Macht in Deutschland, Österreich-Ungarn und Frankreich.

Wäre die Dreadnoght und folgende - sowie die deutschen Antworten darauf nicht gewesen - Deutschland hätte in der britischen Öffentlichkeit nicht als gemeingefährlich verkauft werden können.

Der Krieg - so es ihn denn gegeben hätte - wäre im Herbst 14 siegreich für Deutschland beendet worden.