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https://www.cvce.eu/content/publication/2004/3/23/334c659f-8e22-4b51-8a94-dddda894fb4e/publishable_de.pdf
Unverkennbar zogen aber auch die einzelnen Völker wie die einzelnen Gesellschaftsschichten trotzscheinbar gleicher Chancen durchaus nicht die gleichen Vorteile aus diesem System. Die englischeMoralphilosophie eines Hobbes und Hume, die von David Riccardo noch mit einem gehörigen Schußjüdischen Geistes durchsetzt wurde, hat sich in erster Linie als außerordentlich sicher und unauffälligwirkendes Mittel zur Begründung und Sicherung der britischen Weltherrschaft erwiesen. Als die Blütezeitdes Systems begann, hatten die Engländer ihre Industrie am weitesten vorgetrieben. Sie gingen mit demgrößten Kostenvorsprung ins Rennen. Da sie zudem noch die größte Handels- und Kriegsflotte der Weltbesaßen, konnten sie sich in einem derartigen Umfang in den Warenaustausch der Welt einschalten, daß ihrewirtschaftliche und politische Macht gleichermaßen wuchs. Jede Verdichtung des Warenverkehrs warfneuen Gewinn ab. Die ganze Welt arbeitete in englischem Solde, und die Engländer waren die Bankiers, dieFabrikanten, die Händler, die Frachter und, last not least, die Polizisten der Welt.
Betrachten wir nun aber einmal die kontinentaleuropäischen Staaten! Diese vermochten sämtlich nicht ausder so gepriesenen Wirtschaftsform auch nur annähernde Vorteile zu ziehen. Schon die großen Staatenhatten unter dem beachtlichen und fest ausgebauten Konkurrenzvorsprung Englands fühlbar zu leiden. Diekleineren waren überhaupt nur dazu da, um den Reichtum Englands zu vergrößern, und mußten damitzufrieden sein, wenn noch ein paar Brosamen von dem englischen Tische für sie abfielen. Diesüdosteuropäischen Staaten aber lagen vor dem ersten Weltkrieg für den Welthandel geradezu peripher,obwohl sie, was die natürlichen Produktionsbedingungen anlangt, sicher nicht schlechter gestellt waren alsviele überseeische Exportländer. Aber sie konnten sich doch nicht zur Geltung bringen. Ihrelandwirtschaftliche Technik, ihre Verkehrswege wurden von der allgemeinen weltwirtschaftlichenEntwicklung nicht in dem möglichen Maße gefördert. Es entstand eine technische Rückständigkeitgegenüber den konkurrierenden Erzeugungsgebieten, die den Lebensstandard drückte. Es fehlten die Käufer,die ständig bereit waren, größere Mengen zu stabilen Preisen abzunehmen und damit die Anschaffung vonMaschinen und Meliorationseinrichtungen zu ermöglichen. Auch nach dem Weltkriege haben diekapitalistischen Weltmächte diese Staaten bewußt in ihrer wirtschaftlichen Rückständigkeit gelassen, um siedamit in politischer Abhängigkeit zu halten. Erst unsere zielbewußte und verständnisvolle Handelspolitikhat hier in den letzten Jahren einen grundsätzlichen Wandel geschaffen. Die Handelspolitik dieser Staatenhat sich in den letzten Jahren außerordentlich günstig entwickelt. Diese Staaten sind sozusagen das ersteVersuchsfeld für die praktische Durchführung unserer handelspolitischen Grundsätze und Methodengeworden. Und die Anwendung dieser Methoden ist für beide Teile - das kann man heute mit Fug und Rechtbehaupten - von erheblichem Vorteil gewesen, ja schließlich überhaupt zur Sicherung derExistenzgrundlagen dieser Länder geworden.