mit geklauten Bauplänen.
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Wiesa. Ein Geschäftsmann wollte das vergessene DDR-Sturmgewehr Wieger im Erzgebirge produzieren. Bei der Suche nach den Konstruktionsunterlagen stellte er fest: Sie sind verschollen. Eine Spur führt in die USA. Die neue Wieger sollte in einer Manufaktur in Großolbersdorf zusammengebaut werden. Karl Bernd Esser, dessen Familie in der 3000 Einwohner zählenden Gemeinde im mittleren Erzgebirge eine alte Fabrik gekauft hat, bezeichnete diesen Plan vor wenigen Monaten noch als "sehr konkret". Esser hatte mit zwei Investoren aus Asien und Westeuropa verhandelt, die das nötige Geld aufbringen wollten. Er engagierte einen auf die Belange von Rüstungsfirmen spezialisierten Rechtsanwalt, der im Bundeswirtschaftsministerium vorfühlte, ob die Produktion eines Sturmgewehrs im Erzgebirge genehmigungsfähig sei. "Das war sie", sagt Esser, der danach richtig loslegen wollte. Aber von da an ging alles schief.
"Wir wollten einen belastbaren Geschäftsplan aufstellen", erzählt der 52-Jährige. "Dazu benötigten wir die alten Konstruktionsunterlagen der Wieger. Doch die sind verschollen."
Die Waffe war in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre unter Federführung des VEB Geräte- und Werkzeugbau Wiesa entwickelt worden. Das Werk war einer der führenden Rüstungsbetriebe in der DDR. Seit 1958 wurde hier die sowjetische Kalaschnikow in Lizenz produziert. In seiner Glanzzeit beschäftigte der Betrieb um die 1000 Mitarbeiter und fertigte jährlich bis zu 115.000 Maschinenpistolen der Kalaschnikow-Familie. Diese stand unverkennbar Pate bei der Entwicklung des DDR-Sturmgewehrs. Die Wieger sollte die Robustheit einer AK-74 mit Qualitätsarbeit "Made in Germany" verbinden. Nach 1990 geriet der einstige VEB unter Treuhand-Verwaltung - und dann verschwanden die Wie-ger-Konstruktionsunterlagen.
Die Dokumente befanden sich in 50 Kisten und wurden nach Angaben von Wolfgang Petzold, dem ehemaligen Hauptbuchhalter des VEB Geräte- und Werkzeugbau, am 9. November 1993 einem Fregattenkapitän Völz übergeben. Dieser brachte die Kisten dem Übergabeprotokoll zufolge nach München, in die Maria-Theresia-Straße 16a, wo die "Ausbildungsgruppe für Verwendung bei integrierten Stäben" ihre "Dokumentation" hatte. Das klingt nach einem Armee-Archiv. Nur hat ein solches Archiv möglicherweise nie existiert. "Ich konnte es jedenfalls nicht ausfindig machen", sagt Karl Bernd Esser, der als Historiker und Publizist Archivarbeit aus dem Effeff beherrscht. Allerdings stieß er auf eine brisante Fährte: "Unter der angegebenen Adresse befand sich früher das Münchner Stadtbüro des Bundesnachrichtendienstes."
Hat damals der für Auslandsaufklärung zuständige bundesdeutsche Nachrichtendienst die Pläne für die einstige Feindeswaffe an sich gebracht? Der Schluss drängt sich auf, wird von der Dienststelle aber weder bestätigt noch dementiert. Der Bundesnachrichtendienst sei "fachlich unzuständig", teilte die BND-Zentrale in Pullach kurz angebunden mit.
Eine andere Spur führt in die USA. Dort wird die Wieger seit zirka zwei Jahren von einer Firma namens Inter Ordnance Incorporation für 399,95 Dollar pro Stück angeboten. Ein Dumping-Preis, der vermutlich nur zu erzielen ist, wenn man die Entwicklungskosten sparen konnte.
Die DDR hatte knapp 13 Millionen Ostmark in die Entwicklung der Wieger gesteckt - der Gegenwert befand sich in den 50 Kisten voller Unterlagen und Werkzeuge, die im November 1993 auf Nimmerwiedersehen aus dem Gerätewerk in Wiesa verschwunden sind. Karl Bernd Esser ist überzeugt, dass die Kisten auf Umwegen in die USA gelangt sind.