Es ist immer etwas traurig, wenn die Welt einen Kreativen verliert. Derer sind nicht so furchtbar viele.

Man soll über Tote ja immer nur Gutes sagen, heißt es.
Tatsächlich habe ich nie verstanden warum.


Mir war sein Ableben bislang völlig entgangen.
Es war daher ungemein zufällig, dass ich, vor ungefähr zwei Wochen, die erste Seite von "Das Vermächtnis der Spione" las.
In diesem Roman geht es um Etwas, dass ich inzwischen leider schon wieder vergessen habe.
Tatsächlich las ich dann allerdings auch noch die letzte Seite.
Geschuldet war dies unzweifelhaft allerdings lediglich der schrecklichen Seuche, die mich, vermutlich für immer, ans Haus fesselt und auch dafür verantwortlich ist, dass alle Buchhandlungen, vermutlich ebenfalls für immer, geschlossen bleiben.
Andernfalls hätte ich eine solche Handlung natürlich unverzüglich aufgesucht und mir ein besseres Buch gekauft, eines mit einem Schutzumschlag in meinen Lieblingsfarben, hellgrün und dunkelgrün, beispielsweise.


Schon einige Monate zuvor, allerdings auch bereits während des Desasters und betroffen von der um sich greifenden, allgegenwärtigen, emotionalen Verwahrlosung weiter Bevölkerungsschichten, die leider auch an mir nicht spurlos vorüberging, las ich, sozusagen zwangsläufig, "Der Taubentunnel".
Es handelt sich dabei nicht um einen Roman sondern um fragmentarische, biographische Einlassungen des Autors.
Den literarischen Gestus der Texte würde ich als gestelzte Selbstbeweihräucherung charakterisieren, das durchgängige Stilmittel ist unverkennbares name-dropping.
Herr le Carré beziehungsweise David John Moore Cornwell geruhte seiner Leserschaft mitzuteilen, welche mehr oder minder epochalen Persönlichkeiten irgendwann einmal seinen Lebensweg kreuzten.
Bei den meisten davon handelte es sich um Holywoodianer, mit denen er Lichtspieldramatisches realisieren wollte.
Dies hat wohl einige Male auch tatsächlich geklappt, meistens aber nicht, was natürlich stets an seinen überseeischen Freunden lag und niemals jedoch an ihm selbst.
Als ich mit dem Werk an Ende war, fiel mir spontan die Äußerung einer anderen, ebenfalls einigermaßen berühmten, insulanischen Persönlichkeit ein:
"I want my money back!"

Mir ist übrigen keines seiner Lichtspiele tatsächlich vertraut.
Manchmal hat man eben doch schon Glück.


Vor vielen, vielen Jahren, die Welt war damals im Großen und Ganzen noch einigermaßen in Ordnung und Deutschland wurde von diesem Dicken regiert, las ich "Der Schneider von Panama".
Vermutlich war ich gerade krank oder in Norwegen, wo deutschsprachige Literatur nicht eben leicht zu finden ist.
Als ich mit dem Text fertig war, dachte ich; Du meine Güte, was für ein ungenießbarer Zweitaufguss von Graham Greens "Der stille Amerikaner" und lag damit völlig falsch.
Tatsächlich handelt es sich bei "Der Schneider von Panama" um einen völlig ungenießbarer Zweitaufguss von "Unser Mann in Havana", ebenfalls aus der Feder von Graham Green.


Bücher von Herrn le Carré findet man übrigens gegenwärtig ziemlich preiswert beim Discounter Lidl, wenn auch ziemlich weit hinten, zwischen dem Mehl und den Kanistern mit Frostschutzmittel.

P.S.:
Apro pos Schreiben;
Gerade stelle ich fest, dass mein Bewertungsprofil mich als "unbeschriebenes Blatt" beschreibt.
Das finde ich sehr nett.