Zitat von
Rumpelstilz
Mich hat schon immer dieses Zitat von Epikur beeindruckt:
Jede Freundschaft ist um ihrer selbst willen zu wählen. Ihren Anfang jedoch nimmt sie beim Nutzen.
Jeder Mensch hat ja nun andere Prioritäten und sieht deshalb vielleicht auch einen anderen Nutzen. Und wenn eine Beziehung dann über Jahre besteht, dann entwickelt sich auch unabhängig vom Nutzen eine Empathie. Das ist dann die wahre Freundschaft.
Und gerade hier in Peru hat neben der Familienbande auch die Freundschaft eine gewiss geringere, aber trotzdem messbare, Bedeutung. Dafür hat hier im Gegensatz zu Europa kaum jemand eine Sachversicherung. Ausser SOAT beim Auto, die aber auch kaum etwas kostet. Eine Kundin von mir ist auch angestellte Ingenieurin mit gutem regelmässigem Einkommen und die hat nicht eine einzige Versicherung ausser der EsSalud-KV ihres Arbeitgebers, die ja auch Zwang ist. Unwägbarkeiten werden eben mit Menschen im Umfeld bewältigt anstatt mit Versicherungen.
Ich hatte einmal einen Schulkameraden, dessen Vater war mittelständischer Unternehmer. Neben dem grossen Firmengelände hatten die ihren Bungalow und dazu noch ein paar Hektar privaten und umzäunten Wald. Dieser Schulkamerad zeigte mir einmal im Keller dieses Bungalows Fotos, wo seine Mutter als Bardame zu sehen war.
Daran hatte ich mich wieder erinnert, als ich hier in Peru auch "Damen zweifelhafter Provenienz" kennenlernte. Mit Prostituierten hatte ich ja vorher keine Erfahrung. Ich war vorher in meinem ganzen Leben nur gerade dreimal bei einer Prostituierten. Einmal im Hotel in Marseille und dann Autostrich in St. Tropez und Nizza.
Von daher habe ich keine Ahnung, was im Puff so vorgeht. Hier in Peru gibt es Anzeigen in Internet-Portalen und auch Strassenstrich. Beides endet normalerweise in einem Stundenhotel. Diese Stundenhotels haben eine Metallgittertür mit einem elektrischen Türöffner, der von der Rezeption aus bedient wird. An der Rezeption hinterlegt man seinen Personalausweis im Original.
Wer dann noch die Mentalität der Peruaner kennt, hält es schon für glaubhaft, dass es hier Peru praktisch keine Zuhälter zum Schutz und für die Sicherheit gibt. Irgendwo habe ich auch einmal von einer peruanischen Schriftstellerin gelesen, die auch auch als Prostituierte gearbeitet hat, die ebenfalls meinte, dass in Peru eine Prostituierte keinen Zuhälter bräuchte.
Scheint auch logisch von der Wohnsituation her zu sein. Die typische Prostituierte ist ledig, hat ein oder mehrere Kinder und lebt mit diesen Kindern bei ihren Eltern. Die Eltern sind wirklich ahnungslos oder tun so. Was sollte da noch ein Zuhälter für eine Rolle spielen?
Und viele ledige Männer hier gehen auch eher selten zu Prostituierten, weil es ja das Konzept der "zorras" gibt (zorra = Fähe, neudeutsch Füchsin). Wenn also ein "armer" Strassenhändler, der vielleicht Handy-Zubehör auf dem Gehweg verkauft, nach einer anderen "armen" Strassenhändlerin schielt, die vielleicht gebrauchte Kleidung auf dem Gehweg verkauft, dann gehen beide schon eine materiell bestimmte Beziehung ein. D.h. der Strassenhändlerin gibt Geld, Sachleistungen oder repariert ihr vielleicht auch einmal das Fahrrad, und die Strassenhändlerin gibt dafür Geselligkeit und Sex.
Also beide gehen vielleicht in ein Restaurant, danach tanzen sie etwas, und dann geht es in ein Stundenhotel oder zu ihm nach Hause, um Geld zu sparen. Mann und Frau unterhalten i.d.R. mehrere solcher Beziehungen gleichzeitig. Je attraktiver der Mann ist, um so weniger zahlt er, und je unattraktiver die Frau ist, desto weniger Materielles nimmt sie. Also eine junge Frau z.B. lässt sich vielleicht gerade das Mittagessen bezahlen, weil sie den jungen Mann "einfach geil" findet. Ein unattraktiver Mann müsste der gleichen jungen Frau vielleicht S/ 100 bezahlen, damit sie mit ihm Sex hat.
Das ist also freie Marktwirtschaft und völlig flexibel. Das Umfeld ist hier also ein ganz anderes. Es gibt keine festen Kategorien. Und wenn eine "sonst ehrenwerte" Frau, die sich niemals nimmer vorher mit anderen Männern eingelassen hat, nun unbedingt "nach oben heiraten" will, ist ja auch das schon wieder eine "institutionalisierte Form der Prostitution".