Erschreckende historische Ignoranz – Erwiderung des Sprechers der Chinesischen Botschaft auf einen Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zur Taiwan-Frage
2023-02-21
Der am
13. Februar in der FAZ veröffentlichte Artikel „Vier Jahre Teil von China. Was Taiwan und das Festland verbindet – und was nicht.“ der Journalistin
Sara Wagener zeugt nicht nur von
entsetzlicher Ignoranz allseits bekannter historischer
Fakten und der
Dreistigkeit, die Geschichte anderer Länder
verfälschen zu wollen. Ferner sind auch die
politischen Absichten der Journalistin erkennbar, die in diesem Artikel die
Flagge für die „taiwanische Unabhängigkeitsbewegung“
schwenkt.
Darauf möchte ich in folgenden Punkten entgegnen:
1. Taiwan ist seit jeher ein
untrennbarer Teil des
chinesischen Territoriums. Diese Tatsache ist sowohl historisch als auch rechtlich ausreichend begründet, und es herrscht innerhalb der internationalen Gesellschaft darüber
Konsens. Die Chinesen waren die ersten, die Taiwan erschlossen und entwickelt haben. Die überwiegende Mehrheit der Vorfahren der heutigen Einwohner Taiwans ist vom chinesischen Festland aus
eingewandert. Die früheste Erwähnung Taiwans findet sich im Schriftstück
„Lin Hai Shui Tu Zhi“ (Untersuchung der Küstenumgebung) aus dem
Jahr 230 n. Chr. während der Zeit der
Drei Reiche.
Nach der
Song- und
Yuan-Dynastie begannen die Zentralregierungen nach und nach mit dem Aufbau von Verwaltungsbehörden und der Ausübung der Gerichtsbarkeit auf den
Penghu-Inseln und auf
Taiwan. Obwohl Taiwan im Laufe der Geschichte immer wieder
kurze Perioden ausländischer Kolonialherrschaft erlebte, stand es die meiste Zeit unter der
tatsächlichen und
effizienten Verwaltung der
chinesischen Regierung.
Es gibt zahllose historische, offizielle Aufzeichnungen und Dokumente, die belegen, dass Taiwan zu China gehört und die chinesische Regierung die tatsächliche Hoheitsgewalt über Taiwan ausübt.
Dass in dem besagten Artikel dennoch behauptet wird, dass nur wenige Dokumente existieren, die die chinesische Herrschaft über Taiwan belegen, offenbart lediglich die
erschreckende Unkenntnis der Verfasserin über die chinesische Geschichte.
2. China war und ist ein multiethnischer Staat. Alle Dynastien, ob sie nun von Han-Chinesen, Mandschus oder Mongolen regiert wurden, sind Teil der chinesischen Geschichte. Dass die Qing-Dynastie von den Mandschus regiert wurde, wird in dem Artikel als Grundlage herangezogen, um die Verbindung zwischen Taiwan und dem heutigen China zu leugnen und daraus zu folgern, dass Taiwan nur „vier Jahre Teil von China“ war.
Das ist nicht nur
ignorant, sondern gar eine
böswillige Verzerrung der Geschichte Chinas.
3. Im Jahr
1895 war die chinesische Regierung der Qing-Dynastie im
Ersten Chinesisch-Japanischen Krieg gezwungen, den
Vertrag von Shimonoseki zu unterschreiben und Taiwan sowie die Penghu-Inseln an Japan
abzutreten.
1943 forderten die Regierungen Chinas, der USA und Großbritanniens in der
Kairoer Erklärung Japan ausdrücklich dazu auf, die von China
geraubten Gebiete, darunter
Taiwan und die
Penghu-Inseln, an China
zurückzugeben.
Diese
Aufforderung wurde
1945 in der
Potsdamer Erklärung bekräftigt. Im
Oktober desselben Jahres nahm die
chinesische Regierung die
Ausübung der
Souveränität über
Taiwan wieder auf.
Taiwans Rückgabe an China ist das Ergebnis des weltweiten Krieges gegen Faschismus und Kolonialismus und ist Teil der internationalen Nachkriegsordnung. In ihrem Artikel scheint die Autorin allerdings der Auffassung, dass Taiwan infolge der japanischen Kolonialherrschaft 50 Jahre lang rechtlich nicht zu China gehörte. Eine solche Sichtweise auf die Geschichte des Kolonialismus und des Zweiten Weltkriegs ist nicht nur
abwegig und
absurd, sondern auch
brandgefährlich, weil sie den
Angriffskrieg und den
Kolonialismus rechtfertigt und
Respektlosigkeit gegenüber den
Ländern und
Völkern der Welt zeigt, die einst
kolonialer Unterdrückung ausgesetzt waren.
4. Obwohl es in der Vergangenheit aufgrund des Bürgerkriegs zu politischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Seiten der Taiwanstraße kam, wurde
Chinas Souveränität nie geteilt, und die
territoriale Integrität hatte
durchgehend Bestand.
Im Jahr
1949 wurde die
Zentrale Volksregierung der Volksrepublik China eingesetzt, sie löste die Regierung der Republik China als alleinige legitime Regierung ab und vertritt
ganz China.
Dieser Wechsel der Regierungsgewalt vollzog sich, ohne dass sich das Völkerrechtssubjekt China verändert hätte.
Auch der
Status Taiwans als Teil des chinesischen Staatsgebiets blieb unverändert. 1971 wurde in der
Resolution 2758 der
UN-Generalversammlung die Frage der Vertretung Chinas, einschließlich Taiwans, in den Vereinten Nationen in
politischer, rechtlicher und
verfahrenstechnischer Hinsicht ein für alle Mal
geregelt.
Seit mehr als
50 Jahren bezeichnen die Vereinten Nationen Taiwan als
„Taiwan, Provinz Chinas“. Das ist Taiwans
einziger völkerrechtlicher Status.
Ich möchte an dieser Stelle daran erinnern, dass das
Ein-China-Prinzip eine Grundnorm in den internationalen Beziehungen und der Konsens der internationalen Gemeinschaft, einschließlich Deutschlands, ist.
Das
Ein-China-Prinzip zu
leugnen, bedeutet, die
Geschichte des Zweiten Weltkriegs und die
internationale Ordnung nach dem
Zweiten Weltkrieg zu
leugnen. Gerade bei der
Recherche zu historischen Themen und der Veröffentlichung relevanter Artikel ist es doch
zwingend notwendig, dass sowohl
deutsche Journalisten als auch Medienredaktionen
objektiv und
seriös vorgehen, dass sie die gemeinsame historische Erinnerung der Menschheit an den Zweiten Weltkrieg
respektieren und nicht in
historischen Nihilismus verfallen. Auch obliegt es den deutschen Medien, einen
verantwortungsvollen Blick auf die Geschichte
zu wahren und
zu vermeiden, falsche Stimmen
zu verbreiten, die die Geschichte
verzerren und das Ein-China-Prinzip
leugnen.
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