Und er fällt ein vernichtendes Zeugnis:
Während in anderen Ländern Möglichkeiten zur Einschätzung der Wirkung von nicht-pharmazeutischen Maßnahmen genutzt wurden, ist eine koordinierte Begleitforschung während der Corona-Pandemie in Deutschland weitgehend unterblieben“, heißt es in dem Report. Es gebe keinerlei Forschungskonzept, „um (…) auf Grundlage besserer Daten und darauf aufbauender Analysen die anstehenden Entscheidungen in der Pandemie zu fällen

Weiter heißt es, die Politik habe auch keine der bereits geplanten oder laufenden Studien „zur Lösung der brennendsten Bekämpfungsfragen auf nationaler Ebene angestrengt“. Es gebe keine gemeinsam koordinierten Forschungsinitiativen, und das Angebot der Gesetzlichen Krankenkassen, „ihre enormen Datenbestände“ zur Verfügung zu stellen, habe niemand angenommen.Weiter heißt es, in Deutschland stünden „aktuelle Versorgungsdaten für wissenschaftliche Auswertungen nicht maschinenlesbar bzw. nur bedingt oder mit erheblichem Zeitverzug zur Verfügung“. All das habe die Qualität des Krisenhandelns „beeinträchtigt“. Mit dieser desaströsen Datenlage müsse man nun „als Gesellschaft“ umgehen.“

Der Bericht kommt einer Abrechnung mit Politik und Behörden gleich – etwa mit dem RKI. Seit vielen Jahren – lange vor Beginn der Corona-Pandemie – sei klar, dass die Wirkung von einzelnen Maßnahmen nicht erforscht sei. Trotzdem habe man nichts unternommen, um an diesem Zustand etwas zu ändern – bis heute. Dabei, so beklagen die Sachverständigen, ist das RKI laut Infektionsschutzgesetz „die zentrale Forschungs- und Referenzeinrichtung für Infektionskrankheiten“, in der „die Maßnahmen des Infektionsschutzes erforscht“ werden: „Diese Institution stünde bei der Lösung des identifizierten Daten- und Studienproblems somit auch selbst in der Pflicht.““

Im Blick auf Lockdown-Maßnahmen wie Ausgangssperren und Geschäftsschließungen heißt es, ein abschließendes Urteil, ob und welche Maßnahmen(-pakete) wie stark und zuverlässig wirken, sei nicht möglich. Wichtig, so viel ist klar, sei stets die Zustimmung der Menschen zu grundrechtseinschränkenden Maßnahmen – die in Deutschland immer weiter abnahm. In der Bewertung heißt es: „Je länger ein Lockdown dauert und je weniger Menschen bereit sind, die Maßnahme mitzutragen, desto geringer ist der Effekt und umso schwerer wiegen die nicht-intendierten Folgen.““

aus der WeLt
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