Er war Hitlers Verbündeter und spielte bei der Judenverfolgung einfach nicht mit: der faschistische Diktator Mussolini. In Italien und in den italienisch besetzten Gebieten verhinderte der „Duce“ die Auslieferung von Juden – ein Kapitel der Geschichte, das kaum Beachtung findet.
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Der offizielle Frontbericht vermeldet: Deutsche und italienische Truppen okkupieren die Vichy-Region, um eine Invasion der Amerikaner und Engländer zu verhindern – die Alliierten waren kurz zuvor in Nordafrika gelandet. Während die Wehrmacht bis Marseille marschiert, okkupiert das faschistische Italien einen rund 100 Kilometer breiten Streifen am französischen Südostzipfel, an der Côte d’Azur. Hier, im kleinen Département Alpes-Maritimes, wird in den folgenden Monaten Unglaubliches geschehen.
Münster: „In dieser Zeit kam es zu keiner Judenverfolgung, es gab keine Deportation. Die italienischen Besatzungsbehörden haben sich den Forderungen des Vichy-Regimes – der Forderung nach der Verhaftung und Deportation der Juden energisch widersetzt.“
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"Italienische Carabinieri schützten die von der französischen Miliz verhafteten Juden, indem sie klar stellten, dass in der italienisch besetzten Zone die italienischen Carabinieri die Polizeihoheit haben.“
Die italienischen Okkupanten setzen die antisemitischen Gesetze des Vichy-Regimes aus. Sie widerstehen dem französischen wie auch dem deutschen Druck, Juden auszuliefern. Mussolinis Truppen dulden sogar neue Flüchtlinge, die aus den deutsch besetzten Departements kommen. Den Verfolgten wird zwar ein Zwangsaufenthalt in bestimmten Orten vorgeschrieben – diese sind aber eher Schutzzonen. So können etwa im Alpendorf Saint-Martin-Vesubie rund eintausend Juden ihr Leben weitgehend ungehindert fortführen, sogar mit Talmud-Schule.
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Adriana Altaras hat mehrere Interviews mit Holocaust-Überlebenden geführt, auch mit ihrer Tante. Die Künstlerin ist überzeugt, dass die Italiener aufgrund ihrer Mentalität keine Juden verfolgten.
Altaras: „Erstmal halte ich die Italiener für unregierbar. Was man ja sieht an den – die wievielte Regierung haben wir gerade? 54. Nachkriegsregierung? Das ist ein Vor- und ein Nachteil. Also sie waren pro Mussolini. Dann waren sie gegen Mussolini. In diesem ganzen Chaos, was sie veranstaltet haben, waren sie natürlich auch Rassisten und Faschisten – aber sie waren nicht Antisemiten. Es gibt da unterschiedliche Meinungen, wie viele Juden sie verfolgt haben – das haben sie wohl auch – also so unschuldig waren sie nicht. Aber nicht mit der Penetranz, mit der das die Deutschen gemacht haben. Und dann kam dazu, dass die Deutschen ihnen irgendwann auf den Senkel gingen, das heißt, die Befehle wollten sie auch nicht mehr ausführen.“
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