Mutter Natur und Terroristen bremsen den Welthandel

Christof Leisinger / 20.01.2024 Der Welthandel ist in den vergangenen Jahren ziemlich gewachsen. Auch die Schweiz profitierte davon. Nun kommt Sand ins Getriebe.

Das Volumen der weltweit exportierten Güter ist seit dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation WTO im Jahr 2001 um etwas mehr als das Doppelte gewachsen. Viele internationale Firmen und die Konsumenten in den Industriestaaten konnten davon profitieren, da tiefe Löhne und Produktionskosten in den Schwellenländern gleichzeitig die Gewinne explodieren und die Verkaufspreise vieler der dort hergestellten Waren sinken liessen.

Mutter Natur und Terroristen behindern den Welthandel

Nun droht diese Entwicklung gleich aus zwei Gründen ins Stocken zu geraten: Einmal wegen Mutter Natur und zum anderen aufgrund geopolitischer Verwerfungen. Tatsächlich ist im Moment das Wasser knapp, das den 82 Kilometer langen Panama-Kanal zwischen dem karibischen Meer und dem Pazifik speist. In diesen Tagen können nur halb so viele und vor allem auch leichtere Schiffe als sonst üblich die Wasserstrasse nutzen, die normalerweise rund 40 Prozent des gesamten amerikanischen Containerverkehrs abwickelt.
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Die Exportaktivitäten stagnieren auf hohem Niveau © Ed Yardeni Alle Rechte vorbehalten

Das ist von Bedeutung, da Schiffe rund 15 Prozent mehr teure Zeit brauchen, um etwa von China nach Miami zu kommen, wenn sie auf andere Routen ausweichen müssen. Wegen Trockenheit ist der Wasserstand in einem Stausee, der der Versorgung des Kanals dient, auf ein Rekordtief gesunken. Da die Trockenzeit in Panama normalerweise von Ende Dezember bis April dauert, kann es dauern, bis das Problem gelöst ist – und es gibt keine Garantie, dass es sich in den kommenden Jahren nicht wiederholt.

Im Nahen Osten dagegen gefährden jemenitische Houthi-Rebellen den Schiffsverkehr durch das Rote Meer und durch den Suezkanal mit Raketen- und Drohnenangriffen, um die Hamas in ihrem Krieg mit Israel zu unterstützen. Die Lage droht weiter zu eskalieren, weil Amerikaner und Briten mit Raketenangriffen auf die Stellungen der Rebellen abschreckend wirken wollen. Sie haben eine Koalition zum Schutz der Schifffahrt in der Region ins Leben gerufen. Allerdings gilt sie als schwach, weil ihr Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Ägypten nicht angehören.

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Längst haben die Reedereien darauf reagiert. Shell, BP und Quatar Energy zum Beispiel haben alle ihre Transporte durch das Rote Meer eingestellt. Sie fürchten um das Wohl der Besatzung, oder sie sorgen sich darüber, dass ein beschädigtes Schiff grosse Mengen Öl verlieren und enorme Umweltschäden verursachen könnte. Andere Logistikgesellschaften überlegen sich, die Transporte auf die Bahn zu verlegen, aber auch dort sind die Kapazitäten beschränkt, und die Tarife sind gestiegen. Der dänische Reederei-Riese Maersk lädt manche Container aus Australien und Neuseeland in panamaischen Häfen auf die Bahn, um sie nach 80 Kilometer Landtransport auf der anderen Seite auf ein weiteres Schiff umzuladen, das dann das eigentliche Ziel anstrebt. Einige amerikanische Firmen sind dazu übergegangen, Importe aus Asien an der Westküste zu entladen, um sie dann per Bahn an die Ostküste zu bringen.

Auch die Schweiz spürt die Folgen

Inzwischen haben sich die natürlichen und geopolitischen Turbulenzen bei den Frachtraten bemerkbar gemacht. Die Frachtraten für den Transport von Containern sind am stärksten auf den Routen gestiegen, die von den Scharmützeln im Nahen Osten betroffen sind, und in geringerem Masse auf den Routen, die von der Dürre in Panama betroffen sind. Dagegen stagnieren die Raten dort, wo es keine Störungen gibt.

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