Lassen wir die moralische Seite zunächst mal außen vor. Es ist aber durchaus der Fall, dass dir ein AN, der deine Wertschöpfung steigert und zudem noch als potenzieller Abnehmer deiner Wertschöpfung in Frage kommt, dir ebenfalls Lohn und Freizeit einbringt. Du bist also nicht der einseitig Gebende, sondern das ist von beiden Seiten eine Frage des Gebens und Nehmens.Zitat von Manfred_g
Rechnen wir uns das doch mal an einem hypothetischen Beispiel durch:
Nehmen wir an du führst ein Unternehmen, das aktuell einen Arbeitsbedarf von 20.000 Arbeitnehmer-Stunden/Monat hat. Du kannst diese Arbeitnehmer-Stunden nun auf eine unterschiedliche Anzahl von Arbeitnehmern verteilen.
Option 1:
Du verteilst diese 20.000 Stunden auf 200 Arbeitnehmer, die jeden Monat 100 Arbeitsstunden leisten. Du zahlst all diesen Menschen meinetwegen 1.500 Euro/Monat, also insgesamt 300.000 Euro/Monat. Damit ermöglichst du einerseits 200 Menschen eine annähernd angemessene Selbstversorgung. Andererseits stellen diese 200 (und andere beschäftigte Menschen) dann wiederum ein potenzielles Nachfrage-Volumen für die Wertschöpfung deines Unternehmens her und ermöglichen dir dementsprechend Lohn und Freizeit. Ein weiterer Nebeneffekt wäre, dass du durch die anhaltende Nachfrage zukünftig dein Produktionsvolumen erweitern kannst auf möglicherweise einen Bedarf an 40.000 Arbeitsstunden/Monat und 400 Beschäftigte, die dann dementsprechend deine Wertschöpfung und deinen Absatz steigern.
Option 2:
Du verteilst die 20.000 Arbeitsstunden auf 100 Arbeitnehmer, die dann jeweils 200 Stunden/Monat arbeiten. Denen zahlst du dann meinetwegen 2.500 Euro/Monat, also insgesamt 250.000 Euro. In diesem Beispiel also erstmal 50.000 Euro Lohn/Monat und 100 Arbeitnehmer gespart. Kurzfristig gedacht ein toller Erfolg. Die im Vergleich zu Option 1 fehlenden 100 Arbeitnehmer werden oder bleiben dadurch aber arbeitslos, was wiederum Konsequenzen für dich hat. Denn erstens fällt das Nachfrage-Volumen von 100 Menschen (wenn alle Arbeitgeber so handeln von der Hälfte der potenziellen Nachfrager) weg. Ein Mensch, der 1500 Euro/Monat verdient, wird/muss seinen gesamten Lohn eher wieder vollständig in die Nachfrage reinvestieren. Ein Mensch, der 2500 Euro/Monat verdient wird eher einen größeren Teil seines Lohnes zurückbehalten und dadurch der Nachfrage entziehen. Von diesen meinetwegen 1000 Euro "Sparpotenzial" für jeden deiner 100 Arbeitnehmer hast du unmittelbar gar nichts. Mehr noch: die 100 dadurch Beschäftigungslosen haben kaum noch die Möglichkeit die Wertschöpfung deines Unternehmens zu erwerben. Damit hast du zwar 50.000 Euro Lohn gespart, aber auch deinen Absatz längerfristig auf weniger als die Hälfte reduziert. Eine Produktionssteigerung macht damit langfristig eh kaum noch Sinn. An wen willst du das denn dann noch verkaufen? Und mehr noch: Dadurch, dass allein in deinem Unternehmen 100 Leute weniger beschäftigt sind (im Großen gerechnet die Hälfte) steigt die Zahl derer, die beschäftigungslos sind und sich nicht mehr selbst versorgen können, auf das Doppelte an. Für diese Menschen muss also "extern" gesorgt werden, d.h. dass die Summe deiner absoluten Sozialabgaben und Steuern dementsprechend ansteigt. Noch anders ausgedrückt heisst das, dass du das Nachfrage-Potenzial der Beschäftigungslosen durch deine Steuern und Sozialabgaben erst "erwirken" musst, während deine Beschäftigten knapp die Hälfte ihres Lohnes im "Spartopf" bunkern. Selbst als einzelner Arbeitgeber in diesem Gesamtsystem machst du damit unterm Strich langfristig einen ganz schlechten deal: denn dadurch, dass die sozialen Sicherungssysteme durch immer mehr Beschäftigungslose bei gleichzeitig immer weniger Einzahlern immer schlechter funktionieren, wächst der Bedarf an Einzahl-Input, den ja nun mal irgendwer bezahlen muss, u.a. du. Dadurch musst du nicht nur selbst höhere Steuern und Abgaben zahlen, sondern langfristig auch höhere Löhne, damit deine weniger werdenden Arbeitnehmer wiederum auch mehr in die sozialen Sicherungssysteme bzw. in die Selbstversorgung investieren können.