Zitat von
Mauser98K
Liebe Forumsdiskutanten!
Jetzt möchte ich zu diesem Thema mal etwas weiter ausholen und zwar als Normalbürger, Polizist und auch als Waffenbesitzer.
Ich habe den Eindruck, daß viele hier glauben, der alleinige Besitz von Schußwaffen, legal oder illegal, würde davor schützen, Opfer einer Straftat zu werden.
Das ist, als würde jemand glauben, er könne ein Unfallopfer operieren, weil er zwei Folgen Emergency Room gesehen hat oder einen Airbus A 380 fliegen, weil er den MS Flugsimulatür so gerne spielt.
Ich möchte hier versuchen, diesen Irrtum auszuräumen.
Der alleinige Besitz einer Waffe impliziert zwar die Möglichkeit, sich damit zu verteidigen, in der Praxis wird man jedoch nur in sehr wenigen Fällen dazu kommen.
Ich beispielsweise besitze zwei Pistolen, einen Revolver, fünf Repetiergewehre, einen Halbautomaten und eine Pumpgun, sowie die entsprechende Munition.
Die Waffen befinden sich vorschriftsmäßig in einem Tresor, die Munition in einem separat abschließbaren Fach in diesem Tresor.
Ich habe mir mal den Spaß gemacht und die Zeit gestoppt, die ich brauche, um meinen Revolver (das dürfte von allen waffen am schnellsten gehen) schußbereit zu machen.
Es dauerte um die 75 Sekunden, also mehr als eine Minute, bis ich die schußbereite Waffe in der Hand hielt.
Für eine Kampfsituation ist das viel zu lange.
Ein Gegner hätte mich in dieser Zeit längst ausgeschaltet.
Nehmen wir zuerst einmal das Szenario an, daß ich nachts von Einbruchsgeräuschen an meinem Haus geweckt werde.
Ich würde natürlich zuerst das Licht einschalten, dann meine Frau und meine Tochter schützen, bzw. in Sicherheit bringen, die Polizei anrufen und erst dann irgendwelche Abwehrmaßnahmen ergreifen.
Situationsbedingt würde ich zuerst mein Pfefferspray aus der Schublade holen und irgendein greifbares Werkzeug als Waffe nehmen, etwa einen Hammer oder einen Schürhaken.
In dieser Zeit wäre der Einbrecher schon lange geflüchtet.
Die Wahrscheinlichkeit, daß er sein Vorhaben fortführt und es auf einen Kampf ankommen läßt, ist extrem unwahrscheinlich ist, da Einbrecher fast immer ökonomisch agieren und nur auf Beute aus sind.
Eine Auseinandersetzung ist deshalb für ihn unökonomisch und wird vermieden.
Kommen wir zu einem zweiten Szenario, einem Überfall auf der Straße:
Wenn ich abends nach Hause gehe oder fahre, habe ich nie eine Waffe dabei. Meine Dienstwaffe ist im Waffenschrank auf der Wache und meine privaten Waffen sind zu Hause im Tresor. Sollte ich gerade vom Schießen kommen, sind die Waffen ordnungsgemäß von der Munition getrennt im Kofferraum meines Autos.
In der Jackentasche habe ich mein Pfefferspray, das ich aber noch nie privat einsetzen mußte.
Wenn mich jetzt jemand überfallen und ausrauben würde, hätte er den extrem wertvollen Vorteil der Überraschung:
Der oder die Täter bestimmen nämlich Ort, Zeitpunkt und Art des Angriffs, was für ihn oder sie einen vom Angegriffenen kaum wieder gut zu machenden Vorteil darstellt.
Ich als Überfallener müßte nämlich reagieren, während der oder die Täter agieren und mir ihren Willen praktisch aufzwingen.
Würde ich eine Schußwaffe mitführen, hätte ich wieder kaum Zeit, sie einzusetzen.
Gehen wir weiterhin von einem oder mehreren bewaffneten Tätern aus, wobei es aufgrund der extrem kurzen Distanz oder besser Kampfentfernung (Körperkontakt) unerheblich ist, ob er oder sie mit Schußwaffen, Tränengas, Messern oder irgendwelchen Schlagwerkzeugen, vom Schlagring über Totschläger, Axt, Beil, Hammer bis hin zu einem Stahlrohr bewaffnet sind, oder lediglich Fäuste Ellenbogen Knie usw einsetzen.
Man sehe sich einmal einen In-Fight also ein "Klammern" beim Muay-Thai an.
Wiederum liegt der Vorteil bei dem oder den Angreifern, weil er oder sie, wenn überhaupt ihre Nahkampfwaffen einsetzen.
Schußwaffen sind Distanzwaffen und haben eben nur auf die Distanz einen Vorteil. Im Nahkampf mit Körperkontakt sind sie nutzlos.
Und wieder erkennen wir, daß das Mitführen einer Schußwaffe bei einem überraschend erfolgenden Angriff wenig nützt.
Auf die rechtlichen Aspekte will ich hier aus Platzgründen nicht eingehen.
Ich bin übrigens noch nie überfallen worden.
Das hat aber eher damit zu tun, daß ich mich selten bis nie an gefährlichen Orten aufhalte, nicht in das Opferschema der meisten Räuber passe und vermutlich einem potentiellen Aggressor zu signalisieren in der Lage bin, daß ich mich zu verteidigen weiß. Etwa durch selbstsicheres Auftreten.
Ich hoffe, dieser Beitrag hat Euch gefallen und der eine oder andere hat erkannt, daß die simple Gleichung "Schußwaffenbesitz = Sicherheit vor Kriminalität" nicht aufgeht.
Ein schönes Wochenende wünscht,
Mauser 98K