Bürgerliche- und organische Demokratie
Die parlamentarische Demokratie bürgerlich-liberalen Wesens ist, wohl ohne zu bestreiten, die in den westlichen Länder am häufigsten vorzutreffende Regierungsform.Die bürgrliche Demokratie geht davon aus, dass die Volksvertreter durch Wahl berechtigt sind, den Willen des Volkes in Regierungshandlungen umzuwandeln.Das hat dazu geführt, dass man Demokratie und (parlamentarische) Volksvertretung als gleichbedeutend zu betrachten pflegt.Was jedoch ein blanker Irrtum ist.
Ziehen wir ersteinmal einen der großen Theoretiker der liberalen Volksvertretung heran: John Locke.Nach Lockes Ansicht ist das Volk einverstanden durch Wahl seine Souveränität abzugeben, jedoch unter Beibehaltung der individuellen Grundrechte und Freiheiten.Aber auch hier wird die Volkssouvernität geräumt um solange aufgehoben zu bleiben wie die Volksvertreter den Wortlaut des Gesellschaftsvertrages einhalten.
Im Gegensatz dazu ist Rousseau zu nennen, dessen Ansicht von Demokratie sich keineswegs mit der liberalen Demokratiedefiniton deckt.Rousseaus Schlußfolgerung ist im Grunde einfach:Wird das Volk vertreten, dann besitzen seine Vertreter die Macht und in diesem Fall ist es nicht mehr souverän.Logischerweise kann die Volksouveränität nur unveräußerlich und unteilbar sein.Jede Vertretung würde demnach einer Abdankung des Volkes gleichkommen.Es darf hinzugefügt werden: Um so mehr das Volk in der Politik präsent ist, desto weniger Repräsentation bedarf es.
"Demokratie ist also die Regierungsform, die dem Grundsatz der Übereinstimmung von Regierten und Regierenden, das heißt von Volkswillen und Gesetz, entspricht."
-Alain de Benoist-
Die Rolle der Volksvertreter muss darauf beschränkt bleiben den Willen des Volkes auszuführen.Heutzutage-in der liberalen Demokratie-geschieht aber genau das Gegenteil.In den bürgerlichen Demokratien wird der Vertretung der Vorrgang eingeräumt sprich: Der Vertretung als Verkörperung.Die Volksvertreter sind nicht an der Macht um den Willen des Volkes zu vertreten, sondern sie verkörpern selbst diesen Willen.Anders gesagt, der Liberalismus geht davon aus, dass in der Wahl die Rechtfertigung für den Volksvertreter inbegriffen ist nicht mehr nach den Willen des Volkes, sondern nach seinen eigenen zu handeln, d.h. er wird durch die Ankreuzung eines Wahlzettels dazu berufen zu tun was er für richtig hält.
Die Volksvertretung ist eigentlich nur ein Notbehelf, doch dadurch wird das demokratische Prinzip noch nicht ausgeschöpft.Es ist daher eine partizipatorische Demokratie (auch direkte, mitwirkende oder organische Demokratie genannt) anzustreben.
Die mitwirkende Demokratie ist vor allem eine direkte Demokratie.Sie hat den Vorteil, dass der politische Bürger direkt vor Ort über sein eigenes Schicksal selbst bestimmen kann.Heute kann eine mitwirkende Demokratie nur eine Basisdemokratie sein.Diese Art der-vielleicht sogar einzig echten-Demokratie soll keinesfalls die Diskussion auf allen Ebenen ausweiten.Sie soll eher dazu dienen neue Entscheidungsverfahren zu bestimmen.Es geht also darum, den Menschen die Möglichkeit zu geben an ihren eigenen Schicksal mitzuwirken und sich, im Gegensatz zu ihrer Dimension als Privatmensch, Produzent und Verbraucher, als politische Person zu erfahren und die Entstehung neuer öffentlicher Räume an der Basis zu fördern.
"Die Demokratie ist die Anteilnahme eines Volkes an seinem Schicksal."
-Moeller van den Bruck-
Der Volksentscheid ist nur eine Form der direkten Demokratie, dessen Tragweite(des Volksentscheides) meist überschätzt wird.Das politische Prinzip der Demokratie ist nicht, dass Majoritätsbeschlüsse durchgesetzt werden, sondern, dass das Volk souverän ist.Die Wahl ist somit nur ein technisches Mittel um die öffentliche Meinung zu befragen.Die Eigenschaft als Staatsbürger erschöpft sich nicht in der Wahl.
Die mitwirkende Demokratie hat heutzutage wohl auch noch eine soziale Komponente.Sie kann dafür sorgen, das durch den Individualismus zersetze Gemeinwesen an der Basis neu zu schaffen.Die mitwirkende Demokratie erzeugt ein soziales Netzwerk und geht daher mit der Wiedergeburt der Gemeinschaften Hand in Hand.Die mitwirkende Demokratie steht also im schroffen Gegensatz zur liberalen Auffassung, welche die Herrschaft der Experten, "Sachverständigen" und Technokraten fördert.Mitwirken heißt teilnehmen, sich als Teil einer Gemeinschaft sehen und innerhalb dieser Gemeinschaft sein Schicksal selbst zu bestimmen.
Der Schlachtruf der Französischen Revolution: "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", ist bekannt.Während die bürgerlich-liberalen Demokratien die Freiheit für ihre individualistischen Zwecke missbrauchten und die "Volksdemokratien" der ehemaligen kommunistischen Osblockstaaten ihre Bürger zugunsten der Gleichheit unterdrückten, könnte die organische Demokratie, die auf der aktiven Mitbestimmung des Einzelnen am politischen Leben gründet, der Forderung nach Brüderlichkeit am ehesten nachkommen.