Da man hauptsächlich über strategische Fehler von Dünkirchen über Stalingrad bis D-Day diskutiert, lenke ich den Fokus einmal auf etwas anderes:
Die Versäumnisse und Fehler der Rüstungsproduktion
Mit dem deutschen Überfall auf Polen (1.9.1939), begann zwar der Zweite Weltkrieg für das Militär, offenbar jedoch nicht für die Rüstung.
In Kriegszeiten ist eine radikale Umstellung der Wirtschaft erforderlich:
Die Kriegswirtschaft.
Diese Umstellung fand jedoch nicht statt.
Die Vorteile einer standardisierten Massenproduktion erkannte man zu Kriegsbeginn nicht.
Die Verbrauchsgüter- und Konsumindustrie produzierte praktisch ohne Veränderung weiter.
Der Industrieindex stieg zwischen 1938 und 1942 gerade einmal von 100 auf 106, allein der Index der Rüstungsproduktion kletterte auf 320, ohne sämtliche Kapazitäten tatsächlich genutzt zu haben.
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Der Bau von Flugzeugen stagnierte in den ersten beiden Kriegsjahren. Die Luftschlacht um England war damit nicht zu gewinnen: Die britische Flugzeugproduktion lag zwischen 1939 und 1941 etwa doppelt so hoch wie die deutsche!!!
Eine totale kriegswirtschaftliche Mobilisierung blieb bis 1943 aus und das Arbeitskräftepotential der Frauen nahezu unberührt.
Gleichwohl kam es ab 1942 zu einer enormen Leistungssteigerung der deutschen Kriegsproduktion. Nach dem tödlichen Flugzeugabsturz Todts im Februar 1942 ernannte Hitler den Architekten Albert Speer zu dessen Nachfolger im Reichsministerium für Bewaffnung und Munition.
Durch effektives Management sowie durch konsequente Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahme n gelang Speer zwischen Anfang 1942 und Juli 1944:
Steigerung des Rüstungsindex von 100 auf 322. Der Ausstoß von Panzern verfünffachte sich in diesem Zeitraum!
Verbunden mit der ideologischen Mobilisierung der Bevölkerung wurde diese unter den Bedingungen des "Totalen Kriegs" ab 1943 zu Höchstleistungen bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von über 70 Stunden animiert und angetrieben.
1941: 3.674 produzierte Panzer, 11.776 Flugzeuge
1943: 9.606 Panzer, (weiß jemand Zahl der Flugzeuge?)
1944: 17.924 Panzer, 39.807 Flugzeuge
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Diskussionsfragen
- Wie kommt es, daß Deutschland erst im dritten Kriegsjahr von regulärer auf Kriegswirtschaft umstieg (Japan tat dieses im gesamten Krieg nicht!)?
- Dachte Hitler bis 1942 an einen schnellen Sieg? Immerhin untersagte er die Entwicklung von Projekten, die mehr als ein Jahr zur Fertigstellung benötigen würden (z.B. Düsenjäger).
Sah man nicht die Notwendigkeit mehr zu produzieren (obwohl es bekanntlich leicht möglich gewesen wäre)?
- Was wäre, wenn Albert Speer bereits 1939 oder gar 1933 das Amt des Rüstungsministers bekleidet hätte?
- Was wäre, wenn Deutschland 1941 (im ersten Barbarossa-Jahr) nicht 3.674 sondern fast 18.000 Panzer hergestellt hätte?
- Hätte diese gewaltige Menge (vor Einsatz des T-34 wohlgemerkt) an Panzern, Barbarossa im ersten Jahr zum Sieg verholfen?
Hätte man nicht viel schneller vorstoßen und Moskau nehmen können? Eventuell eine Entscheidung im Osten herbeiführen können?
- Hätte man bereits am Anfang des Krieges doppelt oder gar dreimal so viele Flugzeuge produziert (damals mit der alles überragenden Messerschmitt 109), wäre die Luftschlacht um England gewonnen worden?
Hätte dadurch Operation Seelöwe durchgeführt werden können?
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Eines ist sicher, egal wieviel Deutschland produziert hätte, mit dem Kriegseintritt der USA konnte man den Rüstungswettlauf nicht gewinnen.
USA hätte auf jeden Fall viel mehr produziert.
Aber, hätte man die Kriegswirtschaft von Anfang an gewählt und nicht erst ab 1943 (als es ohnehin zu spät war), wäre nicht mit einem evtl. Sieg im Osten Europa fest in deutscher Hand?
Egal wie überlegen die amerikanische Rüstung. Sieg im Osten hätte einen D-Day unmöglich gemacht.
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Abschließend:
Es sei angemerkt, daß zur totalen Kriegswirtschaft bis 1944 auch 7,5 Zwangsarbeiter eingesetzt wurden, von denen viele ihr Leben verloren.
Sie mussten z.B. auch bei Luftangriffen weiterarbeiten...
Das Thema entbehrt jedoch jeglicher Moral, es ist auf Fakten gerichtet.
Diese Menge an Zwangsarbeitern war natürlich anfangs noch nicht erhältlich. Jedoch hätte man trotzdem drei- bis viermal soviel produzieren können, wenn man es nur gewollt hätte...