iner revolutionären Jugendzeit erfüllen. Frei nach Rio Reiser: 'Das alles und noch viel mehr, würde er machen, wenn er König von Deutschland wär'.
Joschka Fischer ist sich treu geblieben
von Peter Mattmann-Allamand, Kriens LU
Als ehemaliger 68er, der schon damals für die gewaltbereiten Spontis, Chaoten und Terroristen-Sympis nicht das geringste Verständnis hatte, staune ich über das augenzwinkernde Wohlwollen, das die Medien und viele Politiker dem Polizisten-Prügler Fischer, der zum deutschen Aussenminister emporstieg, entgegenbringen.
Es kontrastiert grotesk zu den unaufhörlichen Warnungen der Presse vor der gewalttätigen rechtsextremen Szene, wie wenn der linksextreme Terrorismus und die linksradikalen Gewalttaten von damals harmloser gewesen wären. Merkwürdigerweise sind aus der gesamten 68er Bewegung heute hauptsächlich gewaltbereite Spontis und Chaoten zu Amt und Würde gekommen. Das ist nur scheinbar ein Widerspruch. Joschka Fischer passt nahtlos in die offensiven militärischen Konzepte der heutigen EU-Nato-Führung. Als Zeitzeuge habe ich schon damals beobachtet, dass es vielen Spontis nicht primär um die wirkliche Verbesserung der Zustände für alle, sondern hauptsächlich um die eigene Person ging. Mit Verachtung schauten sie auf die «Kleinbürger» herab und auf die 68er, die - selbst «Kleinbürger» - im Rahmen des Parlamentarismus den Disput mit den übrigen «Kleinbürgern» aufnahmen.
Gewaltfreiheit ist eine Haltung und ein Bemühen, das unteilbar ist. Es gilt gegenüber Polizisten wie im alltäglichen Leben in Beruf, Familie und Partnerschaft oder sogar im Gewaltverzicht eines ganzen Landes, in der Schweiz Neutralität genannt. Die Prügelszenen von damals wären verzeihlich, wenn Joschka Fischer der Gewaltbereitschaft wirklich abgeschworen hätte, wie er und die Medien sagen. Hat er nicht. Die politische Karriere war ihm wichtiger als die Verteidigung ehemaliger Ideale. Es ist ein offenes Geheimnis, dass seine Ernennung zum Aussenminister von der Zustimmung zur neuen offensiven Militärstrategie der Nato und dem damals bereits vorbereiteten Jugoslawienkrieg abhing. Kein Zweifel, die Krawallszenen von damals waren harmlos im Vergleich zu dem, dass Fischer heute seine Gewaltbereitschaft in den Dienst von Institutionen stellt, die den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg in Europa wieder salonfähig gemacht haben und für die nächsten Kriege aufrüsten. Was kann die Drohgebärden der neuen Nato-Offensivstrategen glaubhafter untermauern als ein deutscher Aussenminister, der vor Gewalt nicht zurückschreckt?
Fischer war für die Nato eine Schlüsselfigur beim Übergang vom Verteidigungsbündnis zur Offensivmacht. Nur er konnte den versprengten Resten der Friedensbewegung, die sich in den 80er Jahren noch vehement gegen die Nachrüstungsbeschlüsse der (damals noch defensiven!) Nato wandten, den Todesstoss versetzen.
Die Strategie ist geglückt: Kaum ein Wort war zu vernehmen, weder gegen die offensive Ausrichtung der Nato noch gegen die Verletzung des Völkerrechtes oder die Kaputt-Bombardierung eines ganzen Landes. Der Disput über Krieg oder Frieden hat sich kleinlaut auf die Frage zurückgezogen, ob Krieg mit oder Krieg ohne urangehärtete Munition. Und dies auch nur zum Schutz der eigenen Soldaten, nicht etwa der betroffenen Zivilbevölkerung! Der Fall Fischer kann zur Anekdote verharmlost und zur Image-Aufpolierung des ehrgeizigen Aussenministers umgebogen werden. - Oder er böte die Chance, über die Gewaltbereitschaft der politischen Eliten in der EU und in der Nato zu debattieren. Ob sie genutzt wird?