+ Auf Thema antworten
Zeige Ergebnis 1 bis 8 von 8

Thema: So einig sind sich die Experten!

  1. #1
    Mitglied
    Registriert seit
    17.04.2006
    Beiträge
    489

    Standard So einig sind sich die Experten!

    Wer die Debatten über die Lage der deutschen Wirtschaft in den Medien verfolgt, muss zu dem Schluss kommen: Es ist alles gesagt, es gibt nur einen Weg für Deutschland, aus der Krise zu kommen: Steuern runter, Löhne runter, sparen. Ein Blick in dieses Forum bestätigt diesen Eindruck: die so schön einfachen Talkshow-Weisheiten kommen bei schlichten Gemütern an. Selbst "kluge Köpfe" vertreten oft diese Plattheiten, meist weil sie es nicht schaffen, zwischen Betriebs- und Volkswirtschaft zu unterscheiden.

    "Es ist unglaublich schwer, sich als Ökonom und Politiker gegen das unternehmerische Denken durchzusetzen. Niemand schafft es, auf einem Cocktailempfang einem Unternehmer oder Vorstandsvorsitzenden zu sagen, dass er von Volkswirtschaft nichts versteht."

    Heiner Flassbeck, Chef der Abteilung für Makroökonomie und Entwicklungspolitik der UN-Organisation UNCTAD
    Sehr merkwürdig ist, dass in Deutschland oft so getan wird, als gäbe es nur die eine Meinung, nämlich dass die Mittel, die der Neoliberalismus empfiehlt, das einzige Rezept für Deutschland seien. Man kann sich über diese Einseitigkeit und vor allem die Selbstverständlichkeit, mit der die Neoliberalen auch hier im Forum ihre Ansichten als einzige Wahrheit vertreten, als ginge es um naturwissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten, nur wundern. In anderen Ländern gibt es keine Denkverbote. Und man fährt gut damit, sich nicht an Ideologien zu klammern, sondern das zu tun, was gut für die Wirtschaft ist, was reinen Neoliberalismus dann natürlich ausschließt. (Die Anwendung anderer Theorien in Reinform ist damit nicht gemeint, um unsachlicher und ausweichender Kritik vorzubeugen.)

    Die Financial Times Deutschland schreibt (Auszüge):

    "Deutschlands Wirtschaftsexperten geben ein weit weniger betonfestes und rumtataradikales Bild ab, als es einschlägige Zunftvertreter vermitteln. Das ist gut so, besser als alberne Monopolansprüche auf die Wahrheit.

    Dachten Sie bislang auch, dass klar ist, was in Deutschland passieren muss? Oder dass den Deutschen nur endlich die Wahrheit gesagt werden muss, über die sich die Experten schon längst einig sind? Und dass das Land bestenfalls ein Umsetzungs- und kein Erkenntnisproblem hat? Vergessen Sie's.

    Überholte Reflexe

    Für besonders Harmoniebedürftige mag das Ergebnis verheerend sein. Knapp 40 Prozent der befragten deutschen Wirtschaftswissenschaftler kreuzen an, dass die Steuerlast in Deutschland insgesamt zu hoch ist. Klingt plausibel - würden nicht knapp 48 Prozent genau das Gegenteil sagen. Gut 50 Prozent finden, dass die Renten gekürzt werden müssen, der Rest eher nicht. Ähnliches gilt bei der Frage, ob der Staat Schulden machen darf, wenn er damit wichtige Reformen (vor-)finanziert. Kein Problem, sagen 48 Prozent - wohl ein Problem: 40 Prozent.

    All dies spiegelt sich auch in den eher unorthodoxen Antworten deutscher Ökonomen in der jüngsten Umfrage. Auch hier gibt es eine Mehrheit für Arbeitsmarktreformen, ebenso wie dafür, dass Regierungen die Konjunktur hin und wieder steuern. Gut so. Das deutsche Drama besteht eher darin, dass das im Getöse untergeht, weil gerade die exponierteren Gralshüter und Talkshowplapperer im Land so tun, als gebe es noch die alte Welt der einfachen Wahrheiten. Eine Welt, in der entweder der Herr Keynes oder (meist) der Herr Friedman Recht hat."
    Wir sind besser als wir Glauben
    Wohlstand für alle

  2. #2
    Gegen Ausbeuterei Benutzerbild von Frei-denker
    Registriert seit
    02.05.2006
    Beiträge
    8.451

    Standard AW: So einig sind sich die Experten!

    Schaut man sich analog dazu die Gutachten des Sachverständigenrats an, stellt man ähnliche Orientierungslosigkeit fest. Letztes Jahr plädierte Prof. Sinn vom Ifo-Institut für Minijobs plus staatlicher Unterstützung, da dies jede Menge Arbeitsplätze bringen würde und heute rudert der Sachverständigenrat zurück, da sich rausstellt, das Minijobs keine neuen Arbeitsplätze bringen, sondern Vollzeitstellen vernichten, die Sozialversicherungsbeiträge der Unternehmen senken und so die Sozialkassen ruinieren.

    Sieht so aus, als hätten alle noch kein Patentrezept. Es wird viel gemutmaßt - und viele Fehler gemacht.
    US-Hegemonie, Zionismus und international operierende Konzerne

    - der Faschismus unserer Zeit.

  3. #3
    OWNER IS ARMED! Benutzerbild von Jodlerkönig
    Registriert seit
    15.08.2005
    Ort
    Neuschwanstein
    Beiträge
    23.606

    Standard AW: So einig sind sich die Experten!

    ein hauptproblem das wir haben, ist, daß alles nur auf die großkonzerne und die großíndustrie schaut! derweil arbeiten dort lediglich 15% der beschäftigten.

    vergessen werden sämtliche mittel und kleinstbetriebe! diese mittel und kleinstbetriebe werden unverhältnismäßig stark mit der in deutschland geborenen bürokratie und regelungswut, gegeisselt und zum teil sogar verhindert! (z.B. Meistertitel etc.) obwohl in diesem bereich ca. 85% ! der beschäftigten tätig ist!

    außerdem wird diesen kleinst und mittelständischen betrieben der zugang zu fremdkapital fast unmöglich gemacht (Basel II) und somit jede menge investitionen verhindert! obwohl dieser bereich mehr als 80% der ausbildungsplätze zur verfügung stellt!
    <a href=https://pbs.twimg.com/profile_images/800424998842335236/M5yqXJ_m_reasonably_small.jpg target=_blank>https://pbs.twimg.com/profile_images...ably_small.jpg</a>
    „Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.“
    Mahatma Gandhi

  4. #4
    Rotinquisitor Benutzerbild von Redwing
    Registriert seit
    25.10.2005
    Ort
    Bremen
    Beiträge
    1.829

    Standard AW: So einig sind sich die Experten!

    Zitat Zitat von Jodlerkönig
    vergessen werden sämtliche mittel und kleinstbetriebe! diese mittel und kleinstbetriebe werden unverhältnismäßig stark mit der in deutschland geborenen bürokratie und regelungswut, gegeisselt und zum teil sogar verhindert! (z.B. Meistertitel etc.) obwohl in diesem bereich ca. 85% ! der beschäftigten tätig ist!
    Na dann, prost Mahlzeit! Wir alle wissen, daß die Großunternehmen im Zuge des Monopolyspiels die Kleineren immer stärker schlucken werden- je liberaler, desto schneller. Wenn (!) also tatsächlich immer noch soviele in Klein- und Mittelunternehmen beschäftigt sind, dann verstehe ich langsam, warum bei diesem Elitentreffen im Fairmont-Hotel (Auszug zu sehen in meinem legendären Neokomtext) von circa 80% Arbeitslosigkeit für die Zukunft gesprochen wurde. Das scheint uns zu blühen in diesem System. Vielleicht ist das kommende Ende des Systems noch nicht ganz so nah, wie ich dachte (bez. der Industrieländer). Wir haben also noch Zeit, das Gleis rechtzeitig nach links umzulegen, damit wir nicht mitten in den Puffer vom Abstellgleis krachen (freilich mit einem Abgrund dahinter ).
    Soziale Gerechtigkeit & geldbeutelunabhängige Freiheit statt Kapitalismus: Stoppt die Diktatur der reichen Minderheit!



    Mitglied der Linksfraktion

  5. #5
    Mitglied
    Registriert seit
    13.01.2006
    Beiträge
    22

    Welche Experten?

    Hallo zusammen!

    Es hilft nichts, immer, wenn ich von zeit zu zeit hier mal reingucke, dreht sich mir der MAaen um, dass ÜBERHAUPT JEMAND noch Zeit und Gedanken darauf verschwendet, was der Sachverständigenrat oder noch besser der "Weisenrat" sagt, oder zu sagen hat. :rolleyes:

    Hat überhaupt jemand hier sich einmal die Mühe gemacht, nachzulesen, was das überhaupt für Leute sind?

    Weise sind die nach meinem Verständnis mit Sicherheit nicht!
    Weise bedeutet für mich nämlich, einen Überblick über Vieles zu haben und Verständnis für die Zusammenhänge zu haben.

    Von den sogenannten "Wirtschaftsweisen" hat kein einziger jemals in seinem Leben etwas gemacht, was ich als normalen Job bezeichnen würde, oder wo einer wirtschaftlich aktiv hätte sein müssen!
    Die Lebensläufe strotzen nur so von Professuren, Gastprofessuren, Mitglied da und Mitglied dort, wissenschaftlicher Assistent, etc., etc.

    Kein einziger war jemals in der Privatwirtschaft tätig, oder hat auch nur eine kleine Firma gegründet, ein Kaffeehaus geführt, oder auch nur in einem Produktionsunternehmen gearbeitet.

    (Quelle: Lebensläufe siehe: [Links nur für registrierte Nutzer])

    Die haben alle nur in solchen Posten gearbeitet, wo kein direkter Zusammenhang zwischen der Leistung und dem wirtschaftlichen Erfolg besteht, in staatlichen Institutionen und dergleichen.

    So gesehen sehe ich es schon als ganz schlimmes Zeichen an, wenn sich ein Land solche "Experten" erwählt, um die Geschicke zu leiten. Vielleicht liegt ja da schon ein Kern der Wirtschaftskrise begründet ...?


    Liebe Grüße,

    Kassandra

  6. #6
    Mitglied
    Registriert seit
    11.12.2005
    Beiträge
    472

    Standard AW: So einig sind sich die Experten!

    @drgti
    Vielen Dank für den sinnvollen Beitrag, der endlich einmal die Allweisheit und Allmacht der selbsternannten, meist hochbezahlten und durchaus nicht immer unabhängigen Experten in Frage stellt. Inzwischen werden meiner Ansicht nach in fast allen Kommissionen (0b Sachverständigenrat, Rentenkommission usw.) fast nur noch politische Interessen und ideologisierte Positionen unter dem Deckmäntelchen wissenschaftlich fundierter Expertise unter die Leute gebracht. Dies zeigt aber auch, wie machtlos die Politik im Grunde ist, und sich daher zunehmend an "Experten"urteile klammert.
    Unsere wirtschafts- und sozialpolitischen Probleme sind zu komplex, als dass sie zu lösen wären, indem man irgendeiner "reinen" Lehre folgt, ob die sich nun "neoliberal", "soziallistisch" oder "keynsianisch" nennt.
    Zu den Wirkungen und Erfolgen wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Reformen gab es mal eine ländervergleichende Untersuchung, die das wenig überraschende Fazit ergab, dass sich wirtschaftlicher und arbeitsmarktpolitischer Aufschwung weitgehend unabhängig von Reformen, gleich welcher ideologischen Ausrichtung, einstellte.
    Quelle:[Links nur für registrierte Nutzer]
    Der Artikel wurde ursprünglich in der "Financial Times Deutschland" veröffentlicht, ist jedoch nur noch gegen eine Gebühr abrufbar.
    Auch anhand dieser Untersuchung zeigt sich die Ohnmacht der Politik und Wirkungslosigkeit irgendwelcher "reiner" Wirtschaftslehren.

  7. #7
    GESPERRT
    Registriert seit
    27.11.2005
    Ort
    Bayern (muss erst mal reichen)
    Beiträge
    57.098

    Standard AW: Welche Experten?

    Zitat Zitat von Kassandra17
    Hallo zusammen!

    Es hilft nichts, immer, wenn ich von zeit zu zeit hier mal reingucke, dreht sich mir der MAaen um, dass ÜBERHAUPT JEMAND noch Zeit und Gedanken darauf verschwendet, was der Sachverständigenrat oder noch besser der "Weisenrat" sagt, oder zu sagen hat. :rolleyes:

    Hat überhaupt jemand hier sich einmal die Mühe gemacht, nachzulesen, was das überhaupt für Leute sind?

    Weise sind die nach meinem Verständnis mit Sicherheit nicht!
    Weise bedeutet für mich nämlich, einen Überblick über Vieles zu haben und Verständnis für die Zusammenhänge zu haben.

    Von den sogenannten "Wirtschaftsweisen" hat kein einziger jemals in seinem Leben etwas gemacht, was ich als normalen Job bezeichnen würde, oder wo einer wirtschaftlich aktiv hätte sein müssen!
    Die Lebensläufe strotzen nur so von Professuren, Gastprofessuren, Mitglied da und Mitglied dort, wissenschaftlicher Assistent, etc., etc.

    Kein einziger war jemals in der Privatwirtschaft tätig, oder hat auch nur eine kleine Firma gegründet, ein Kaffeehaus geführt, oder auch nur in einem Produktionsunternehmen gearbeitet.

    (Quelle: Lebensläufe siehe: [Links nur für registrierte Nutzer])

    Die haben alle nur in solchen Posten gearbeitet, wo kein direkter Zusammenhang zwischen der Leistung und dem wirtschaftlichen Erfolg besteht, in staatlichen Institutionen und dergleichen.

    So gesehen sehe ich es schon als ganz schlimmes Zeichen an, wenn sich ein Land solche "Experten" erwählt, um die Geschicke zu leiten. Vielleicht liegt ja da schon ein Kern der Wirtschaftskrise begründet ...?


    Liebe Grüße,

    Kassandra

    Wohl wahr, wohl wahr...

    Ein Apercu von Cleverle Lothar Späth hierzu: Wir haben in Deutschland zuviele Schiedsrichter und kaum Spieler.
    Mein Vorschlag hierzu: die Schiedrichter erfolgsabhängig bezahlen, das würde ihre Zahl drastisch und vor allem schnell reduzieren.

+ Auf Thema antworten

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer

Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)

Nutzer die den Thread gelesen haben : 0

Du hast keine Berechtigung, um die Liste der Namen zu sehen.

Forumregeln

  • Neue Themen erstellen: Nein
  • Themen beantworten: Nein
  • Anhänge hochladen: Nein
  • Beiträge bearbeiten: Nein
  •  
nach oben