Molekularer Bürgerkrieg
geschrieben am Mittwoch 5 September 2007
Schon vor zehn Jahren beschrieb Hans Magnus Enzensberger in seiner kleinen Studie “Vor dem Bürgerkrieg” die kommenden Auseinandersetzungen in den westlichen Staaten mit hohem Ausländeranteil als den “molekularen Bürgerkrieg”. Das “Molekulare” ist das Diffuse, Ungeordnete, Schleichende, die schrittweise Eskalation, das Indifferente, das Unklare:
Wenn deutsche Schüler von gut organisierten Araber- oder Türkenbanden “abgezogen” werden, also Schutzgeld bezahlen und Mißhandlungen über sich ergehen lassen müssen, also voller Angst in den Alltag gehen, wird es immer eine Menge Deutsche geben, die darin keinen kaum mehr eindämmbaren Vorbürgerkrieg sehen, sondern kriminelle Einzelfälle, die von Polizei und Justiz wie Einzelfälle zu behandeln seien.
Das größte Problem des Vorbürgerkriegs ist die Unübersichtlichkeit, ist der Deutungsspielraum, ist das Fehlen einer Kriegserklärung. Das teilen derVorbürgerkrieg, der molekulare Bürgerkrieg, der geistige Bürgerkrieg mit dem klassischen Bürgerkrieg: Auch er (vgl. Rot gegen Weiß in Rußland; Republikaner gegen Falange in Spanien; Freikorps gegen Spartakus in der Weimarer Republik) ist einfach plötzlich offensichtlich, ganz ohne Kriegserklärung, und wer wach war, konnte seine Eskalationsstufen wahrnehmen.
Nicht nur der fehlende Startschuß, die “Beginnlosigkeit”, sind Grund für die Unübersichtlichkeit des Vorbürgerkriegs/molekularen Bürgerkriegs: Es sind die vielen Bruchlinien und Deutungsspielräume, die das entschlossene Handeln andauernd unterminieren, schön zu sehen in den Kommentaren zum letzten Beitrag (”Vorbürgerkrieg”).
Das ist wohl der Kernpunkt: Es wird keinen Startschuß geben, keinen deutlichn Übergang vom Vorbürgerkrieg in den Bürgerkrieg. Der molekulare Bürgerkrieg, der Vorbürgerkrieg IST bereits der Ernstfall und nicht sein Vorstufe.
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