Journalisten - links, aber unparteiisch?
Journalisten stehen links, und deshalb spiegeln die Medien das Zeitgeschehen nur politisch verzerrt wider. Mit dieser Behauptung führen Konservative in den USA seit Jahren erfolgreiche Kampagnen gegen die «main stream media». Nun liefert eine am Ende des Monats als Buch erscheinende Studie den Kritikern an der politischen Ausrichtung deutscher Journalisten ähnliche Argumente.
Unter dem Titel «Die Souffleure der Mediengesellschaft» haben einige Kommunikationswissenschaftler abermals die deutschen Journalisten gründlich durchleuchtet und dabei herausgefunden, dass 2005 immerhin 36% die Grünen bevorzugten, 26% die SPD und 1% die PDS/Linkspartei. Unter Journalistinnen haben die Grünen sogar 43% Anhänger. Die sogenannten «bürgerlichen» Parteien erfreuen sich in der schreibenden und sendenden Zunft höchst mickrigen Zuspruchs: 9% bekennen sich als CDU/CSU-Anhänger, 6% stehen der FDP nahe. Gegenüber der vorherigen einschlägigen Untersuchung aus dem Jahr 1993 hat die Linke hier satt zugelegt (+15%), während die Bürgerlichen 6% verloren.
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Was soll man jetzt denken? Lassen wir mal die Frage beiseite, warum ausgerechnet die professionellen Zeitbeobachter ihre politischen Sympathien an zwei Parteien hängen, deren Gestaltungskraft schon nach wenigen Jahren restlos erschöpft war. Kümmern wir uns lieber um den Widerspruch zwischen Medieninhalten und Journalisteneinstellungen.
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Warum soll man nicht annehmen, dass die deutschen Kollegen so hochprofessionell justiert sind, dass es ihnen keine Schwierigkeit macht, zwischen privater politischer Ansicht und dem in öffentlichem Auftrag wahrgenommen Geschäft des unparteiischen Berichtens, des Kritisierens und des Skandalisierens zu unterscheiden? Zu schön, um wahr zu sein? Manchmal muss man sich halt an Illusionen halten, um nicht zum Zyniker zu werden.
Heribert Seifert ist freier Medienjournalist u.a. für die «NZZ» und die «NZZ am Sonntag». Er lebt in Deutschland.
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