Die Rätedemokratie
Eine Räterdemokratie bezeichnet ein Herrschaftssystem, bei dem die Herrschaft vom Volk über direkt gewählte Räte ausgeübt wird.
In einer Räterepublik sind die Wähler in Basiseinheiten organisiert (die Arbeiter eines Betriebes, die Bewohner eines Bezirkes usw.) Sie wählen direkt alle öffentlichen Funktionsträger. Die Räte werden auf mehreren Ebenen gewählt. So werden auf Wohn- und Betriebsebene in Vollversammlungen Volksgenossen aus den eigenen Reihen in die örtlichen Räte entsandt.
Die örtlichen Räte delegieren nun wiederum Mitglieder in die nächsthöhere Ebene – in die Bezirksräte. Dieses System der Delegierung setzt sich bis zum 'Nationalen Volksrat' auf nationaler Ebene fort. Die Wahlvorgänge geschehen also von unten nach oben. Die Ebenen sind meist an Verwaltungsebenen gebunden.
Im Unterschied zu bürgerlich-liberalen Demokratiemodellen nach Locke und Montesquieu existiert in Rätesystemen keine Gewaltenteilung, das heißt, sie üben auf ihrer jeweiligen Ebene alle drei Gewalten aus; sie sind für Gesetzgebung, Rechtsprechung und Ausführung voll verantwortlich. Sie haben meist ein imperatives Mandat, sie sind also an den Auftrag ihrer Wähler gebunden – im Gegensatz zum freien Mandat, bei dem die gewählten Mandatsträger nur "ihrem Gewissen" verantwortlich sind. Die Räte können von ihrem Posten jederzeit abgerufen bzw. abgewählt werden.
Der Rätegedanke ist uralt. Räte sind im eigentlichen Sinne nichts anderes als die Vereinigung Gleichberechtigter zur Beratung ihrer eigenen gemeinsamen Angelegenheiten. Diese Bedeutung hatten die Gemeindeversammlungen des Altertums, die Gilden des Mittelalters, die Sektionen der französischen Revolution und der Kommune.
Das Rätewesen als Zusammenarbeit von Ratgebern und Ratholern auf Gegenseitigkeit ist über die Bestimmung der Interessenvertretung in sich verbundener Menschengruppen hinaus die natürliche Organisationsform jeder Gesellschaft überhaupt, welche die Leitung der öffentlichen Sachen von einer staatlichen Spitze aus durch die Ordnung von unten herauf, durch Föderation, Bündnis und unmittelbaren Zusammenschluss der Volksgenossen zur Regelung von Arbeit, Verteilung und Verbrauch ersetzt sehen will.
Die Räteordnung verwirklicht im Idealfall die Basisdemokratie, den Selbstverwaltungswillen des Volkes bei gleichzeitiger Einbindung der politischen und wirtschaftlichen Elite der werktätigen Klasse und sichert auf diese Art und Weise den Fortbestand des Volkstums, sowie die Stärke und Macht der Nation durch Bildung der klassenlosen Gesellschaft in Form der Volksgemeinschaft.