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Thema: Rätedemokatie

  1. #1
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    Standard Rätedemokatie

    Die Rätedemokratie


    Eine Räterdemokratie bezeichnet ein Herrschaftssystem, bei dem die Herrschaft vom Volk über direkt gewählte Räte ausgeübt wird.

    In einer Räterepublik sind die Wähler in Basiseinheiten organisiert (die Arbeiter eines Betriebes, die Bewohner eines Bezirkes usw.) Sie wählen direkt alle öffentlichen Funktionsträger. Die Räte werden auf mehreren Ebenen gewählt. So werden auf Wohn- und Betriebsebene in Vollversammlungen Volksgenossen aus den eigenen Reihen in die örtlichen Räte entsandt.

    Die örtlichen Räte delegieren nun wiederum Mitglieder in die nächsthöhere Ebene – in die Bezirksräte. Dieses System der Delegierung setzt sich bis zum 'Nationalen Volksrat' auf nationaler Ebene fort. Die Wahlvorgänge geschehen also von unten nach oben. Die Ebenen sind meist an Verwaltungsebenen gebunden.

    Im Unterschied zu bürgerlich-liberalen Demokratiemodellen nach Locke und Montesquieu existiert in Rätesystemen keine Gewaltenteilung, das heißt, sie üben auf ihrer jeweiligen Ebene alle drei Gewalten aus; sie sind für Gesetzgebung, Rechtsprechung und Ausführung voll verantwortlich. Sie haben meist ein imperatives Mandat, sie sind also an den Auftrag ihrer Wähler gebunden – im Gegensatz zum freien Mandat, bei dem die gewählten Mandatsträger nur "ihrem Gewissen" verantwortlich sind. Die Räte können von ihrem Posten jederzeit abgerufen bzw. abgewählt werden.

    Der Rätegedanke ist uralt. Räte sind im eigentlichen Sinne nichts anderes als die Vereinigung Gleichberechtigter zur Beratung ihrer eigenen gemeinsamen Angelegenheiten. Diese Bedeutung hatten die Gemeindeversammlungen des Altertums, die Gilden des Mittelalters, die Sektionen der französischen Revolution und der Kommune.

    Das Rätewesen als Zusammenarbeit von Ratgebern und Ratholern auf Gegenseitigkeit ist über die Bestimmung der Interessenvertretung in sich verbundener Menschengruppen hinaus die natürliche Organisationsform jeder Gesellschaft überhaupt, welche die Leitung der öffentlichen Sachen von einer staatlichen Spitze aus durch die Ordnung von unten herauf, durch Föderation, Bündnis und unmittelbaren Zusammenschluss der Volksgenossen zur Regelung von Arbeit, Verteilung und Verbrauch ersetzt sehen will.

    Die Räteordnung verwirklicht im Idealfall die Basisdemokratie, den Selbstverwaltungswillen des Volkes bei gleichzeitiger Einbindung der politischen und wirtschaftlichen Elite der werktätigen Klasse und sichert auf diese Art und Weise den Fortbestand des Volkstums, sowie die Stärke und Macht der Nation durch Bildung der klassenlosen Gesellschaft in Form der Volksgemeinschaft.
    Geändert von Waldgänger (27.10.2006 um 12:59 Uhr)

  2. #2
    Haßkrimineller Benutzerbild von wtf
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    Standard AW: Rätedemokatie

    Wo auf der Welt funktioniert dieses Modell?
    "When the people fear the government, that´s tyranny. When the government fears the people, that´s freedom." Thomas Jefferson

  3. #3
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    Standard AW: Rätedemokatie

    Zitat Zitat von wtf Beitrag anzeigen
    Wo auf der Welt funktioniert dieses Modell?
    Wie gesagt, im Altertum hat es funktioniert (siehe germanische Thingversammlung, Demokratie Athens usw). Die Rätedemokratie ist die modernisierte Idee dieser früheren Versammlungen. In der Wirtschaft wird das Rätemodell derzeit in Argentinien umgesetzt, hierzu ein interessanter Artikel:

    Eroberte Fabriken
    Von Jürgen Vogt, Buenos Aires

    Statt vor geschlossenen Fabriktoren zu resignieren, entdecken
    ArbeiterInnen im ganzen Land die Selbstverwaltung.

    «Die Genehmigung für die Informationsstände liegt vor. Kommt in
    Arbeitskleidung und bringt alles mit, was ihr vorzeigen könnt», sagt
    Luis Caro, der Präsident der nationalen Bewegung der ArbeiterInnen, die
    «ihre» Fabriken nach dem Bankrott wieder flottgemacht haben. In
    Argentinien gibt es gegenwärtig etwa 120 Fabricas Recuperadas, davon
    sind 80 in einer nationalen Bewegung zusammengeschlossen. Dazu gehören
    etwa Metallfabriken, Motorenwerke, ein Krankenhaus und eine Zeitung

    Mit vierzig MitarbeiterInnen haben sie angefangen, heute arbeiten hier
    54 Personen. Alle erhalten den gleichen Lohn, 2000 Pesos monatlich (etwa
    800 Franken). Von Montag bis Freitag wird täglich neun Stunden
    gearbeitet. Einmal im Monat ist Betriebsversammlung. «Uns geht es besser
    als im vergangenen Jahr», sagt Gallo. «Wir arbeiten hart und suchen
    ständig nach neuen Absatzmöglichkeiten im Ausland.» In Frankfurt fand im
    September die Automechanika statt, die Internationale Messe der
    Automobilwirtschaft mit 4500 AusstellerInnen aus 70 Ländern. Mit dabei
    war Cristales San Justo - Cooperativa de Trabajo als weltweit einzige
    Fabrica Recuperada.

    «Für viele ArbeiterInnen bedeutete die Selbstverwaltung den Ausweg aus
    der Misere. In vielen Fällen, in denen die ArbeiterInnen auf staatliche
    Unterstützung oder einen privaten Investor warteten, standen sie am
    Schluss mit leeren Händen da», zieht Caro Bilanz (...).

    (...) immerhin gehören die Fabricas in einigen Bereichen zu den Marktführern.» Und wenn man sehe, dass es vor sechs Jahren noch keine Fabrica Recuperada gegeben habe, sei dies eine grosse Leistung. Die ArbeiterInnen der zurückeroberten Fabriken haben laut Caro eine wichtige Erfahrung gemacht: «Vorher waren sie abhängige Arbeiter und Arbeiterinnen - heute betreten sie den Betrieb als Unabhängige.
    Früher wurde eine Fabrik zugemacht. Heute gibt es dazu eine Alternative.»

    Das sei ein realistisches Projekt, sagt Caro: «Die Fabriken
    sind da und die Arbeiter vorhanden.» Das Schwierigste sei jedoch, die
    ArbeiterInnen selbst davon zu überzeugen, dass sie in der Lage sind,
    ihre Fabrik in Eigenverantwortung zu betreiben.


    WOZ vom 19.10.2006

  4. #4
    Haßkrimineller Benutzerbild von wtf
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    Standard AW: Rätedemokatie

    Tja, ich bin mehr so der Praktiker, der schaut, wo etwas am besten funktioniert. Das kann ich bei diesem Modell nicht erkennen.
    "When the people fear the government, that´s tyranny. When the government fears the people, that´s freedom." Thomas Jefferson

  5. #5
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    Standard AW: Rätedemokatie

    Naja, in der Sovietunion ist es maechtig danebengegangen...

  6. #6
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    Standard AW: Rätedemokatie

    Zitat Zitat von wtf Beitrag anzeigen
    Tja, ich bin mehr so der Praktiker, der schaut, wo etwas am besten funktioniert. Das kann ich bei diesem Modell nicht erkennen.
    Ohne lesen ist erkennen nicht möglich.:rolleyes: Aber in der Zeit des 19. Jahrhunderts konnte auch niemand wissen ob der Parlamentarismus funktionieren würde, man hat ihn trotzdem durchgesetzt. Die Entwicklung der Geschichte nimmt keine Rücksicht auf Pragmatiker und "Experten". Wäre auch überaus langweilig....

  7. #7
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    Zitat Zitat von MorganLeFay Beitrag anzeigen
    Naja, in der Sovietunion ist es maechtig danebengegangen...
    Was daran lag, dass das Gespann Lenin-Trotzki die Räteordnung gekippt hat und eine "kleine" Diktatur errichtete. Der Aufstand von Kronstadt sollte bekannt sein....

  8. #8
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    Durchaus bekannt. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das Raetesystem nicht anfaellig fuer Stoerungen ist aufgrund seiner nicht zu verachtenden Komplexitaet...

  9. #9
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    Zitat Zitat von MorganLeFay Beitrag anzeigen
    Durchaus bekannt. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das Raetesystem nicht anfaellig fuer Stoerungen ist aufgrund seiner nicht zu verachtenden Komplexitaet...
    Nun gut, vielleicht könnste Du näher erläutern, was an der Rätedemokratie komplex sein soll.

  10. #10
    Entarthet Benutzerbild von EinDachs
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    Standard AW: Rätedemokatie

    Mich würde interessieren was der große Vorteil gegenüber dem jetzigen System sein soll. Ja, es hat ähnlichkeiten mit dem was die Germanen vor Jahrtausenden gemacht haben, aber das ist als Vorteil alleine etwas schwach.

    Ich bin auch mal skeptisch, ob das mit dem Ablehen der Gewaltenteilung so eine gute Idee ist, die hat ja doch auch ihre Daseinsberechtigung.

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