Zitat von
Sauerländer
Das ist eine der Preisfragen: Warum empfindet ein guter Teil der Bevölkerung tendenzielles Unbehagen im Hinblick auf einen vermeintlich in der Expansion begriffenen Islam, ohne dass das zu einer abwehrenden Gegenreaktion führt? Nach meinem Dafürhalten aus folgendem Grund: Diese Gegenreaktion hätte den Charakter einer Verteidigung - was aber soll gegen einen zunächstmal unterstellten Ansturm verteidigt werden? Was gibt es hier, das es wert wäre, dafür Unfrieden größeren Ausmaßes in Kauf zu nehmen? Weder eine geschlossene ethnokulturelle Gemeinschaft, denn die ist im Zuge des Multikulturalismus, der kulturellen Begleitphilosphie zum Liberalismus, zunehmend im Abbau begriffen. Noch eine irgendwie solidarische Ordnung, in der sich jeder berücksichtigt und geschützt fühlen kann, denn da schlägt der ökonomische Aspekt des Liberalismus zu. Noch eine die sich einen immer pluralistischeren Pluralismus zersetzende Gesellschaft noch irgendwie einende ethisch-religiöse Grundvorstellung, denn die hat sich im Zuge des Relativismus, der als Konsequenz unter der säkular-"aufklärerisch"-inidividualistischen Philosphie steht, notwendigerweise erledigt. Noch eine davon unabhängige konsensfähige Minimalethik des Nichtbedrängens anderer, denn die stiftet keinen Zusammenhalt, sondern löst die damit als antihomogen gesetzte Gesellschaft in ihre kleineren, homogeneren Subeinheiten auf, die nichts mehr miteinander zu tun haben.
Das ist das Phänomen der Gesellschaft nach westlich-liberaldemokratischem Modell. Da ist es vollkommen gleich, ob nun Kräfte nominell an der Macht sind, die stärker den ökonomisch verheerenden, oder solche, die eher den kulturzerstörerischen Aspekt dieser Art von Gesellschaftsordnung betonen und auf ihre Fahnen schreiben.
Gesellschaft nach westlichem Muster ist ein Projekt, das sich selbst seiner eigenen Grundlage, nämlich dem gesellschaftlichen Zusammenhalt, beraubt und dies als "fortschrittlich" etikettiert. Das zur Politik gewordene Vakuum, der Nihilismus mit globalem Expansionsanspruch. Dem Islam ist nicht sinnvoll zu begegnen, weil der Westen von Gewalt und Eingrenzung durch Kontrolle ihm nichts entgegenzusetzen hat - und deshalb werden die Söhne Mohammeds notwendigerweise triumphieren, sofern sich hier nicht grundsätzlich etwas ändert.
Ich habe wie Du wenig Lust, in einer islamisch dominierten Gesellschaft zu leben. Meine Freundin sieht ohne Schleier definitiv besser aus, und Bier trinke ich auch viel zu gerne. Aber ich erkenne zunehmend nicht (mehr), worin die angeblich bessere Gegenoption bestehen soll. Westlicher Kulturverfall und geistige Degeneration allerorten oder islamische Theokratie - da braucht man aus meiner Sicht nicht zu wählen, da ist es im Endergebnis einerlei.