ZDF
22.15
Di.
07. November
Gesellschaftsreportage
37°
"Bin 10, suche Arbeit - Wenn Kinder Geld verdienen"
Die zwölfjährige Alexandra, die zwölfjährige Frauke, die zehnjährige Aida und der elfjährige Florian haben eins gemeinsam: Sie wollen arbeiten. Und zwar gegen Geld. Alexandra, Frauke und Florian sind zufrieden. Sie finden immer wieder Beschäftigungen. Frauke geht z.B. kellnern, Florian hilft nachmittags auf einem benachbarten Bauernhof aus, während Alexandra sich gern um alte kranke Leute kümmert. Nur die kleine Aida sucht noch verzweifelt nach einer Arbeit. Doch niemand will sie einstellen, denn damit macht sich ein Arbeitgeber strafbar. Wirklich jobben dürfen nach dem Gesetz Jugendliche erst ab 15 Jahren. Nur in Ausnahmefällen darf man schon ab 13 Jahren geringfügigen Tätigkeiten nach-gehen. So muss sich Aida weiterhin am Nachmittag langweilen. Sie würde lieber arbeiten, statt zu spielen, denn beim Spielen "kriegt sie gar nichts mit von der Welt", sagt sie.
Frauke besucht ein Gymnasium, das Lernen fällt ihr leicht; nachmittags nimmt sie auch noch Ballettunterricht. Auch im Haushalt hilft sie. Ihre Eltern verdienen gut. Für sie besteht absolut keine Notwendigkeit, noch zusätzliches Geld zu verdienen. Trotzdem, eine Arbeit ohne Lohn befriedigt Frauke nicht wirklich. Erst das Geld bedeutet echte Anerkennung - gerade in den Augen der Erwachsenen, wie sie scharfsinnig erkennt. Wenn ihre Arbeit bezahlt wird, fühlt sich Frauke wie in "der richtigen Welt". Nicht mehr in der Kinderwelt, in der es immer nur darum geht, sich zu entwickeln, zu spielen, oder etwas nachzumachen. Man fühlt sich frei und ein stückweit selbstständig, wenn man arbeitet, sagt sie, "dann kann man sich auf eine Ebene mit den Erwachsenen stellen".
Aleksandra kauft am Nachmittag für alte Leute ein, führt deren Hunde aus, räumt ihre Wohnungen auf. Sie schätzt es sehr, dass sie etwas Sinnvolles tut. Dass sie anderen Leuten helfen kann. Aber auch das Geld, das sie bekommt, spielt bei Alexandra eine wichtige Rolle. Es zeigt ihr, dass, was sie tut, anderen etwas wert ist. Ihre Mutter verdient als Altenpflegerin kaum genug, um über die Runden zu kommen. 1100 Euro, davon gehen allein 650 für die Miete weg. Für Bedürfnisse eines jungen Mädchens bleibt schon gar nichts übrig. Aber Alexandra mag nicht Secondhandkleidung tragen. Sie möchte schön aussehen und, so wie ihre Klassenkameradinnen auch, modisch gekleidet sein. Deswegen kauft sie sich ihre Kleidung selbst. "Ich hab' ja noch zwei Geschwister", sagt sie verständnisvoll, "und die müssen auch versorgt werden". Manchmal muss die Mutter sich bei ihrer Tochter sogar Geld leihen - "aber das bekomme ich auch wieder".
17 Prozent aller Elfjährigen und 33 Prozent (in manchen Bundesländern bis zu 50 Prozent) aller 14-Jährigen in Deutschland arbeiten: tragen Zeitungen aus, putzen, kellnern, helfen an Tankstellen aus, machen Hilfsarbeiten auf dem Bau, betreuen Babys, helfen Nachbarn, Kranken und Alten, machen die Gärten, geben Nachhilfe u.a.m.
Florian geht oft aufs Feld. Im Münsterland, wo er wohnt, machen das fast alle Zehnjährigen - nicht bei den eigenen Eltern, sondern auf anderen Bauernhöfen, wo es etwas dafür gibt. Florian findet es viel besser an der frischen Luft zu arbeiten, statt wie viele seiner Altersgenossen, den ganzen Nachmittag Computerspiele zu zocken. Es macht ihm richtig Spaß und wenn der Bauer ihn lobt, ist er stolz.
Ohne Zweifel: Kinderarbeit in Deutschland ist ein Massenphänomen. Doch nicht nur in Deutschland, auch in den Entwicklungsländern arbeiten Kinder teilweise gern. Frauke fliegt mit der katholischen Organisation "Romero" nach Nicaragua und tauscht sich dort mit arbeitenden Kindern aus. Ohne die Arbeit der Kinder könnten die Familien meist nicht überleben, erfährt sie. "Achten, nicht ächten" ist das Motto von Kindergewerkschaften. Denn Kinderarbeit ist auch hier offiziell verboten. Manchmal kommt die Polizei und vertreibt die Kinder von den Straßen. Das sind dann die Ärmsten der Armen, die Frauke auf einer Müllkippe nach Verwertbarem wühlen sieht. Diese Bilder findet sie erschütternd. Auch Ausbeutung lehnt sie natürlich ab. Aber wenn Kinder arbeiten wollen? Sie kehrt mit dem Resümee zurück: dort müssen die Kinder arbeiten, in Deutschland zwingt niemand und nichts sie dazu. Aber eines verbindet sie mit vielen Kindern dort: auch sie arbeiten gerne.
37° greift mit diesem Film ein heißes Eisen auf. Schon die Frage, ob an Kinderarbeit auch etwas Gutes sein könnte, erscheint nicht als "political correct". Aber "Kindheit" hat sich enorm verändert. Sollte das generelle Verbot von Kinderarbeit geändert werden? Der Kindersoziologe Prof. Manfred Liebel von der Berliner TU ist dafür; er hat mit Unterstützung der deutschen Forschungsgemeinschaft empirische Studien betrieben und ist kennt auch die internationalen Aspekte. Der frühere Bundesminister Norbert Blüm ist strikt dagegen: Er befürchtet Ausbeutung, sobald es um Geld geht. 37° fragt und begleitet vor allem die Kinder selbst. In "37°plus" auf dem ZDFdokukanal wird Michael Steinbrecher im Anschluss das Thema im Gespräch mit Fachleuten vertiefen
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Wir benötigen user value, damit die Eltern ihrem Nachwuchs spätere mentale Leistungsadäquanz und Korrelationseffizienz ermöglichen können.
Der ÖD-Film beschönigt Kinderarbeit!
Damit werden spätere Proleten auf ihre Marginalisierung eingeschworen.
Stattdessen hat sich der junge Souverän mental adäquat entwickeln zu können.
Wo ist der ÖD-Film, der die katastrophal gekrümmte Eink./Verm.-Verteilung, deren gesetzl. verankerten Ursachen und deren Nichtkorrelation mit der mentalen Verteilung offenlegt?