Scheich Ahmed Jassin (Archivfoto)
Der geistliche Führer und Gründer der Hamas-Organisation, Scheich Ahmed Jassin, ist bei einem israelischen Luftangriff in Gaza-Stadt getötet worden. Israelische Kampfhubschrauber beschossen den Wagen des gelähmten Jassins mit Raketen, als dieser nach dem Besuch einer Moschee aus dem Rollstuhl in sein Auto gehoben werden sollte, berichten Augenzeugen. Auch acht seiner Anhänger wurden getötet, weitere 17 Menschen verletzt. Unter den Toten sind auch drei Leibwächter Jassins.
"Ein wahnsinnger und gefährlicher Akt"
PLO-Chef Jassir Arafat verurteilte den tödlichen Angriff auf Jassin. Damit seien "alle roten Linien überschritten". Er verkündete eine dreitägige Trauer und einen Generalstreik in den Palästinensergebieten.
Der palästinensische Regierungschef Ahmed Kurei warf Israel vor, bewusst zur Eskalation der Gewalt beizutragen."Das ist eines der größten Verbrechen, das die israelische Regierung begangen hat", sagte er. "Dies ist ein wahnsinniger und sehr gefährlicher Akt. Jassin war bekannt für seine Mäßigung und hat die Hamas kontrolliert", sagte Ministerpräsident so Kurei. Kabinettsminister Sajeb Erakat verurteilte den tödlichen Angriff und erklärte, die Tat gieße nur neues Öl ins Feuer.
"Jassin war nicht immun"
Israels Regierung rechtfertigte das Attentat. "Jassin und die anderen standen hinter den Terror-Strukturen im Gaza-Streifen", sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Seew Boim israelischen Rundfunk. "Ich habe seit langem gesagt, dass Jassin ein Ziel zum Töten ist. Er war nicht immun."
Israels Premier Ariel Scharon
Einem Rundfunkbericht zufolge ordnete Israels Regierungschef Ariel Scharon die Tötung persönlich an. Juri Stern, Fraktionsvorsitzender der ultra-rechten Nationalen Union forderte, Israel müsse nun auch den Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat gezielt töten. Scharons politischer Berater Amos Gilad erklärte, Arafat sei noch gefährlicher als Jassin. Zahlreiche linksgerichtete israelische Abgeordnete verurteilten hingegen das Attentat als einen "tragischen Fehler, der zu endlosem Blutvergießen führt."
Ranghöchster getöteter Anführer
Der querschnittsgelähmte Jassin, der 1987 Hamas gegründet hatte, ist der ranghöchste Anführer der militanten Palästinenser, der bei den seit über drei Jahre andauernden israelisch-palästinensischen Kämpfen getötet wurde. Hunderte wütender Palästinenser versammelten sich nur wenige Minuten nach dem Angriff und riefen nach Rache gegen Israel.
Mehrfache Drohungen Israels
Scheich Jassins Sarg wird von einer Menschenmenge getragen
Die israelische Regierung hatte in der Vergangenheit immer wieder mit der Tötung Jassins gedroht. Die Armee hatte bereits im September vergangenen Jahres versucht, ihn zu töten. Für diesen Fall hatte die Hamas im Januar eine beispiellose Anschlagserie gegen Israelis angedroht. "Wir werden die israelischen Zionisten in einem Meer von Blut ertränken", hieß es in einer Erklärung.
Zuvor waren bei einem Angriff der israelischen Streitkräfte auf Hamas-Mitglieder im Gaza-Streifen sechs Palästinenser getötet worden. Die Militäraktionen erfolgten als Reaktion auf ein palästinensisches Selbstmordattentat am 14. März in der Hafenstadt Aschdod, bei dem zehn Israelis getötet wurden. Zu dem Attentat hatten sich die Hamas und die Al-Aksa-Brigaden bekannt.