Keine Angst vorm Dollar
Der Euro gewinnt gegenüber dem Dollar an Wert. Das schadet der deutschen Wirtschaft kaum. Ganz im Gegenteil: Kaum ein anderes Land profitiert davon so wie die Bundesrepublik.
Von Viktoria Unterreiner
Um der angeblich viel zu liberal und politisch unkontrolliert vor sich hin werkelnden Europäischen Zentralbank (EZB) einen mitzugeben, lassen französische Politiker selten eine Gelegenheit aus. Am Montag war es Premierminister Dominique de Villepin, der auf die "Verantwortung" der Notenbank hinwies, den Wechselkurs der Gemeinschaftswährung im Auge zu behalten. Denn der steige momentan viel zu schnell. Das schade der Wirtschaft. In Deutschland kommt die Kritik noch von etwas weniger prominenter Stelle. Immerhin SPD-Fraktionsvize Joachim Poß findet, dass der steigende Euro wirklich keine gute Sache sei.
Tatsächlich steht der Euro gegenüber dem Dollar auf einem Niveau, das er seit Langem nicht erreicht hatte. Seit Oktober hat die Gemeinschaftswährung um mehr als fünf Prozent an Wert zugelegt und pendelt nun um die Marke von 1,33 Dollar, nur drei Cent unterhalb ihres Allzeithochs. Auf den ersten Blick ist das eine bedrohliche Entwicklung, auch und vor allem für Deutschland. Denn die Bundesrepublik ist Exportweltmeister und innerhalb Europas am meisten von ihren Ausfuhren abhängig. Ein starker Euro macht diese Ausfuhren teurer und damit weniger attraktiv.
Bei näherem Hinsehen allerdings ist die Aufwertung eher ein Grund zur Freude für die Deutschen. Denn global betrachtet steigt nicht der Euro, sondern der Dollar fällt. Dies wiederum lässt die Luft aus einer der größten ökonomischen Blasen der vergangenen Jahrzehnte, unter deren Platzen Deutschland wie kaum ein anderes Land leiden würde. Solange der Dollar langsam fällt, haben die meisten deutschen Firmen keinen Grund zur Sorge. Eher zur Freude.
Denn für die Weltwirtschaft kommt die Entwicklung wie gerufen. Dort gibt es seit geraumer Zeit vor allem eine gravierende Schieflage: das Leistungsbilanzdefizit inklusive der hohen Auslandsverschuldung der USA. Da die Amerikaner viel mehr konsumieren, als sie selbst ausführen, hat die größte Volkswirtschaft der Welt einen gewaltigen Schuldenberg angehäuft. Die Differenz zwischen Importen und Exporten beträgt sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Eigentlich heißt dies, dass pro Jahr 800 Milliarden Dollar mehr ver- als gekauft werden. Und eigentlich müsste eben durch dieses Überangebot der Dollar schon lange fallen, und zwar kräftig. Dass er es bislang nicht tat, lag daran, dass die USA zum Stopfen des Lochs täglich zwei Milliarden Dollar anzogen, vor allem in Form von in Asien gehaltenen amerikanischen Staatsanleihen. Allein China hält US-Staatspapiere im Wert von mehr als einer Billion Dollar.
Allerdings geht dies nur so lange gut, wie Nicht-Amerikaner in den USA gute Anlagemöglichkeiten sehen. Sobald sie ihre Meinung ändern, muss der Dollar fallen. Je schneller sie es tun, desto steiler der Fall. Und desto zerstörerischer für die Weltwirtschaft. Denn eine abschmierende Weltleitwährung würde so ziemlich alle Vorhersagen über den Haufen werfen, die global agierende Konzerne für die nähere Zukunft angestellt haben. "Um diese Fehlentwicklungen zu korrigieren, muss sich der Dollar langsam nach unten anpassen", sagt Alfred Steinherr, Konjunkturchef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin.
Dass der Euro nun stetig gegenüber dem Dollar an Wert gewinnt, ist deshalb vielmehr ein gutes Signal für die Weltwirtschaft. Zum einen schlagen die wechselkursbedingt höheren Preise der US-Importe auf die Konsumlaune der Amerikaner. So hätte sich zum Beispiel ein Mercedes, der am Jahresanfang in Amerika 50 000 Dollar gekostet hat, bis jetzt um 6000 Dollar verteuert. Zum anderen werden amerikanische Waren für Ausländer günstiger und damit attraktiver. Die Schere zwischen Importen und Exporten schließt sich, das Leistungsbilanzdefizit geht zurück. [...]
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Vielleicht werden/müssen/sollten die Amerikaner eines Tages den "Euro-Dollar" einführen.
MFG