Der Schriftsteller und Publizist Ralph Giordano hat in einem Offenen Brief die deutschen Medien wegen ihrer Artikel über Israel scharf kritisiert.
Weite Teile der veröffentlichten Meinung bestünden aus grenzenlos einseitigen Schuldzuweisungen an Israel, schrieb Giordano in dem Brief, der der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch vorliegt. „Es ist widerwärtig zu erleben, wie empfindungslos sich weite Kreise über die israelischen Opfer (der Selbstmordattentate) hinwegsetzen", hieß es in dem Text, der am Donnerstag auch in der Wochenzeitung „Jüdische Allgemeine“ publiziert wird.

Schutz durch „gezielte Tötung“ von Mördern

Heuchlerisch etwa sei die Empörung der Europäer über Israels Ermordung der Führer der radikal-islamischen Hamas-Bewegung, Scheich Ahmed Jassin und Abdel Asis Rantisi. „Warum soll die gezielte Tötung zweier Männer, die unzählige gezielte Morde angeordnet haben, schlimmer sein als diese Morde?", fragte Giordano. „Wollen ungefährdete Deutsche tatsächlich und allen Ernstes die Israelis besserwisserisch belehren, wie deren Staat und Regierungen ihre Bürger vor den Mordanschlägen von Hamas, Dschihad und Hisbollah zu schützen hätten?“ Giordano forderte die „notorischen Israel-Ankläger“ in deutschen Nachrichten-Redaktionen auf, sich künftig intensiver mit diesen Aspekten zu beschäftigen.

Wären in den vergangenen zwei Jahren „zwischen Flensburg und München“ rund 3000 Tote durch Terrorakte zu beklagen, darunter 900 durch Selbstmordattentate, wären hierzulande längst Panik und Chaos ausgebrochen, schrieb Giordano. „Es ist höchst fraglich, ob die Demokratie Deutschland unter solchen Bedrohungen so stabil bleiben würde, wie die Demokratie Israel nachweisbar geblieben ist.“ Er weigere sich, Maßnahmen zum Schutz der Israelis mit hinterhältigen Anschlägen arabischer Terroristen auf eine Stufe zu stellen.

Nicht von Israel aus würden große Schatten über das 21. Jahrhundert fallen, sondern von Seiten der 22 arabischen Länder. Diese hätten die größten Schwierigkeiten bei der Anpassung an die Moderne, „ohne je die Ursachen dafür bei sich selbst zu suchen", hieß es in dem Brief. Dort seien die Frauen und damit die Hälfte der Gesellschaft so gut wie rechtlos, Menschenrechte seien unbekannt und Verantwortung für hausgemachte Übel würden grundsätzlich an die USA und Israel delegiert.