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Freitag, 23. März 2007
Koran als Argument
Strafanzeigen gegen Richterin
Die bundesweit heftig kritisierte Argumentation einer Frankfurter Richterin über Gewalt in muslimischen Ehen beschäftigt das hessische Justizministerium und die Staatsanwaltschaft. Allerdings werde es vermutlich weder disziplinarische Schritte noch ein Strafverfahren gegen die Juristin geben, hieß es aus Justizkreisen in Frankfurt.
Hessens Justizminister Jürgen Banzer (CDU) will dienstrechtliche Schritte gegen die Richterin prüfen, die in einem Scheidungsverfahren auf ein angebliches Züchtigungsrecht im Koran verwiesen hatte. Ein vom Justizministerium beim Amtsgericht angeforderter Bericht ist inzwischen in Wiesbaden eingegangen. Wann eine Entscheidung fällt, konnte das Ministerium am Freitag nicht sagen.
Bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt gingen zahlreiche Strafanzeigen von Privatpersonen gegen die Richterin ein. Die Behörde prüft, ob der Straftatbestand der Rechtsbeugung erfüllt ist. Eine Sprecherin ging jedoch nicht davon aus, dass gegen die Frau ein Verfahren eingeleitet wird.
Die Familienrrichterin hatte in einem Scheidungsverfahren argumentiert, für die aus Marokko stammende 26-jährige Deutsche sei es keine unzumutbare Härte, das gesetzlich vorgesehene Trennungsjahr abzuwarten. Dies hatte sie mit einer Stelle aus dem Koran begründet. Im marokkanischen Kulturkreis des Paares sei das Züchtigungsrecht nicht unüblich. Die Richterin, die inzwischen ihr Verhalten bedauert hat, wurde für befangen erklärt und musste den Fall abgeben. Der Sprecher des Frankfurter Amtsgerichts, Bernhard Olb, sagte, der Frau sei die "Tragweite und Sprengkraft" ihrer Aussage nicht klar gewesen.
Unterdessen wurde bekannt, dass die Richterin vor zehn Jahren beinahe im Gericht einem Mordanschlag zum Opfer gefallen war. Vor ihren Augen hatte am 14. März 1997 ein Polizeibeamter im Gerichtssaal seine iranische Ex-Lebensgefährtin ermordet. Die Frau starb nach zehn Schüssen aus seiner Dienstwaffe. In der Verhandlung ging es um Unterhaltsansprüche für ein gemeinsames Kind. Eine Rechtsanwältin wurde schwer verletzt und konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden. Der 39-Jährige hatte auch auf die Richterin geschossen, diese allerdings nicht getroffen.
Der Sprecher des Amtsgerichts, Bernhard Olp, wollte am Freitag nicht ausdrücklich bestätigen, dass es sich bei dieser Richterin um die jetzt in die Kritik geratene Juristin handelt. Er widersprach entsprechenden Medienberichten aber auch nicht. "Eine Verbindung der beiden Ereignisse halte ich für nicht zulässig", sagte er.
Gut!