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Thema: "Demokratiedefizite" der EU

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  1. #6
    Hände weg von Syrien! Benutzerbild von cajadeahorros
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    Standard "Demokratiedefizite" der EU

    Roman Herzog, seines Zeichens gewesener Verfassungsrichter und gewesener Bundespräsident, wies vor einiger Zeit darauf hin, dass die EU "in besorgniserregender Weise unter einem Demokratiedefizit und einer faktischen Aufhebung der Gewaltenteilung" leide. Das ist noch milde ausgedrückt, angesichts der Tatsache, dass die europäische Gesetzgebung durch die Exekutive der Mitgliedsländer erfolgt, während das von den Bürgern gewählte EU-Parlament, das in einer Demokratie einzig und allein die gesetzgebende Gewalt haben kann (sofern keine Volksabstimmung möglich ist), als teurer Debattierklub herumsitzt und gelegentlich mitbestimmen darf - der Staatsrechtler Schachtschneider nannte es einen "europäischen Führerstaat". Herzog äußerte auch die Befürchtung, diese Defizite könnten durch die neue Verfassung sogar noch ausgeweitet und festgeschrieben werden. Er hat ihn scheinbar gelesen, den Verfassungsentwurf.

    Frau Merkel hat sich nun auf die Fahnen geschrieben, die Durchsetzung der EU-Verfassung (über die ja in Ländern, die noch demokratische Reste bewahren konnten, direkt von den Bürgern abgestimmt wurde, wie es sich für eine Verfassung so gehört) als dringendste Pflicht der deutschen Ratspräsidentschaft anzusehen, also vermutlich mit irgendwelchen scheinlegalen Manövern die Tatsache zu umgehen, dass insbesondere die französischen Bürger einfach keine Lust auf die Verfassung hatten (was ja in der deutschen Presse sofort zum "Denkzettel an Chirac" heruntergespielt wurde, als wäre der Franzose an sich zu dumm, die Tragweite einer solchen Abstimmung zu begreifen).

    Gerade bin ich über den Fall des phillipinischen Oppositionspolitikers (oder Terroristen, je nach Betrachtungsweise) J.M. Sison gestolpert ([Links nur für registrierte Nutzer]) und in diesem Zusammenhang auf den interessanten Artikel III-322:

    KAPITEL V RESTRIKTIVE MASSNAHMEN
    Artikel III-322

    (1) Sieht ein nach Kapitel II erlassener Europäischer Beschluss die Aussetzung, Einschränkung oder vollständige Einstellung der Wirtschafts und Finanzbeziehungen zu einem oder mehreren Drittländern vor, so erlässt der Rat die erforderlichen Europäischen Verordnungen oder Beschlüsse; er beschließt dabei auf gemeinsamen Vorschlag des Außenministers der Union und der Kommission mit qualifizierter Mehrheit. Er unterrichtet hierüber das Europäische Parlament.

    (2) Sieht ein nach Kapitel II erlassener Europäischer Beschluss dies vor, so kann der Rat nach dem Verfahren des Absatzes 1 restriktive Maßnahmen gegen natürliche oder juristische Personen sowie Gruppierungen oder nichtstaatliche Einheiten erlassen.

    ([Links nur für registrierte Nutzer])

    "Der Rat", aus der Exekutive der Mitgliedsländer gebildet, kann jetzt also nicht nur Gesetze erlassen, er kann jetzt auch Sanktionen (also Strafen) gegen einzelne Bürger beschließen (was eigentlich nicht nur Sache der Judikative wäre, sondern in einem Rechtsstaat auch erst nach einem Gerichtsverfahren möglich sein sollte). "Der Rat" könnte also bspw. Konten und Vermögen eines Udo Voigt oder eines Stefan Engel einfrieren, ohne dass ein Gerichtsurteil dafür vorliegen muss - die Niederländische Regierung hat dies bei Sison getan.

    Das ist die freiheitlich-westliche Demokratie, in deren Namen man jedes Land bombardieren darf.
    Geändert von cajadeahorros (23.03.2007 um 00:23 Uhr)

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