01. Mai 2007
Unter dem Eindruck einer zunehmenden Verhärtung des politischen Klimas hat das türkische Verfassungsgericht an diesem Dienstag seine Beratungen über einen Eilantrag der oppositionellen „Republikanischen Volkspartei“ (CHP) aufgenommen.
Sie hält das Verfahren zur Wahl eines neuen Staatspräsidenten für verfassungswidrig. Der CHP-Vorsitzende Baykal sagte, sollte das Gericht das Vorgehen der AKP-Regierung für verfassungskonform halten, werde das Land „in eine Konfrontation treiben“. Demgegenüber rief Ministerpräsident Erdogan im Fernsehen zu „Einheit, Geschlossenheit und Solidarität“ auf.
Die Türkei, die mit rasanter Geschwindigkeit wachse, müsse „diese Atmosphäre von Stabilität und Frieden“ beschützen und verhindern, dass das schwer erworbene Vertrauensklima beschädigt werde, sagte der AKP-Vorsitzende. Offenbar aus Rücksicht auf den gesellschaftlichen Frieden verzichtet Erdogan, seine Anhänger zu Gegenkundgebungen aufzurufen. Aufgrund der Spannungen, die nach der Erklärung des Generalstabs zur Wahl des Präsidenten und der Massenkundgebung der Opposition vom Sonntag in Istanbul entstanden waren, verlor die türkische Währung am Montag und Dienstag sieben Prozent ihres Werts. Der Index der Istanbuler Börse gab um neun Prozentpunkte nach.
Am Mittwochmorgen soll das Parlament um 15 Uhr Ortszeit zur zweiten Wahlrunde zusammentreten.
Hätte das Gericht den Antrag zurückgewiesen, hätte Außenminister Gül, der Kandidat der AKP, voraussichtlich in der dritten Wahlrunde am 9. Mai zum Präsidenten gewählt werden können, wenn nur noch die einfache absolute Mehrheit erforderlich ist. Durch die Annullierung der ersten Wahlrunde kann die AKP bis zum Ablauf der von der Verfassung gesetzten Frist am 16. Mai mutmaßlich keinen Präsidenten wählen.
Staatspräsident Sezer uss in diesem Fall das parlament auflösen und Neuwahlen ausschreiben.