EU: Gemeinsame Strafvorschriften gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
Der Rat der EU-Justizminister hat in Luxemburg einen Rahmenbeschluss zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit politisch geeinigt. Damit konnten die seit 2001 auf europäischer Ebene andauernden Verhandlungen unter deutscher EU-Präsidentschaft erfolgreich abgeschlossen werden. „Europa ist entschlossen, seine gemeinsamen Werte offensiv zu verteidigen und jene, die diese Werte in menschenverachtender Weise mit Füßen treten, konsequent zu bestrafen. Künftig wird es eine verbindliche, europaweite Mindestharmonisierung der Vorschriften über die Strafbarkeit des Verbreitens von rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen geben. Die öffentliche Aufstachelung zu Gewalt und Hass oder das Leugnen oder Verharmlosen von Völkermord aus rassistischen oder fremdenfeindlichen Motiven wird europaweit sanktioniert. Damit setzen wir ein deutliches Signal gegen Rassismus und Intoleranz “, unterstrich die Vorsitzende des EU-Justizministerrates Brigitte Zypries.
Einige Mitgliedsstaaten haben einen Parlamentsvorbehalt eingelegt, um ihre nationalen Parlamente zu beteiligen.
1. Wesentlicher Inhalt
Der Rahmenbeschluss sieht eine Mindestharmonisierung von Strafvorschriften zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit vor. Im Mittelpunkt steht das Verbot der öffentlichen Aufstachelung zu Gewalt und Hass gegen Menschen anderer Rasse, Hautfarbe, Religion oder nationaler wie auch ethnischer Abstammung. Dieses Verbot ist gemeinsame Voraussetzung aller Straftatbestände. Der Rahmenbeschluss sieht dagegen nicht vor, bestimmte Symbole, wie etwa Hakenkreuze, per se zu verbieten.
Rassistische oder fremdenfeindliche Hetze
Der öffentliche Aufruf zu Gewalt und Hass aus rassistischen oder fremdenfeindlichen Gründen wird unter Strafe gestellt.
Beispiel: In einer öffentlichen Versammlung wird dazu aufgefordert, Menschen einer bestimmten Hautfarbe zu verprügeln, Geschäfte einer bestimmten ethnischen Gruppe zu verwüsten, Treffpunkte einer bestimmten Bevölkerungsgruppe „aufzumischen“ oder Menschen einer bestimmten ethnischen Herkunft werden als „Parasiten“ bezeichnet, die es „auszumerzen“ gelte.
Auch die Verbreitung entsprechender Schriften wird verboten.
Die Regelungen des Rahmenbeschlusses gelten nicht unmittelbar, sondern müssen von den Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Um dem Spannungsverhältnis zur Meinungsäußerungsfreiheit Rechnung tragen zu können, bleibt es den Mitgliedstaaten überlassen, die Strafbarkeit davon abhängig machen, dass der Aufruf oder die Äußerung zugleich eine Drohung, Beschimpfung oder Beleidigung darstellt oder dass die Handlung geeignet sein muss, den öffentlichen Frieden zu stören.
Die Mindesthöchststrafe für derartige Handlungen soll zwischen 1 und 3 Jahren betragen.
Öffentliches Billigen, Leugnen oder grobes Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, wenn damit rassistische oder fremdenfeindliche Hetze betrieben wird
Die öffentliche Billigung, Leugnung oder grobe Verharmlosung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen wird unter Strafe gestellt, wenn sich das Verbrechen gegen eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Hautfarbe, Religion, Abstammung oder nationale oder ethnische Herkunft richtet.
Bei der Umsetzung der Rahmenbeschluss-Vorschrift müssen die Mitgliedstaaten zwingend solche Fälle mit Strafe bedrohen, in denen mit der öffentlichen Billigung, Leugnung oder groben Verharmlosung zugleich rassistische oder fremdenfeindliche Hetze betrieben wird.
Beispiel: Jemand behauptet öffentlich, einen durch ein internationales Gericht bereits als Tatsache festgestellten Völkermord habe es niemals gegeben, er sei von der betroffenen ethnischen Gruppe nur erfunden worden, um Entschädigungszahlungen fordern zu können. Mit dieser Behauptung würde der Völkermord an den der betroffenen ethnischen Gruppe nicht nur geleugnet, sondern es würde damit zugleich zu Hass gegen diese Gruppe aufgestachelt. Ein solcher Fall müsste zukünftig in allen Mitgliedstaaten mit Strafe bedroht werden.
Es bleibt den Mitgliedstaaten unbenommen, darüber hinaus zu gehen und das Leugnen, Billigen oder grobe Verharmlosen solcher Tatsachen schon unter Strafe zu stellen, wenn die Äußerung im konkreten Fall nicht direkt zu Hass und Gewalt gegen die entsprechende Bevölkerungsgruppe aufstachelt.
Auf diese Weise wurde ein Kompromiss zwischen den Staaten gefunden, die bislang keine Strafvorschrift für die öffentliche Billigung, Leugnung oder grobe Verharmlosung von Völkermord kennen und eine solche Vorschrift auch nicht in allgemeiner Form einführen wollen und den Staaten, deren Recht entsprechende Straftatbestände bereits jetzt enthält und die bei der Bestrafung weiter gehen wollen.
Der Rahmenbeschluss benennt im Übrigen nicht einzelne historische Ereignisse als Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Kriegsverbrechen, sondern bildet abstrakte Tatbestände. Was ein Völkermord, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen ist, richtet sich nach den Definitionen im Statut des Internationalen Strafgerichtshofs („Römer Statut“) und der Charta des Internationalen Militärgerichtshofs von 1945 (Nürnberger Gerichtshof).
Ob ein konkretes historisches Verbrechen unter diese Tatbestände fällt, muss vom zuständigen Gericht im konkreten Einzelfall geklärt werden. Für den Holocaust ist dies beispielsweise durch den Nürnberger Gerichtshof geschehen.
Die Mitgliedstaaten haben zudem nach dem Entwurf die Möglichkeit, die Strafbarkeit davon abhängig zu machen, dass ein nationales und/oder internationales Gericht festgestellt hat, dass es sich bei einem konkret in Rede stehenden historischen Ereignis um einen Völkermord, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen handelt.
Die Mindesthöchststrafe beträgt auch für das Billigen, Leugnen oder grobe Verharmlosen von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zwischen 1 und 3 Jahren.
Rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe sollen bei sonstigen Straftaten erschwerend berücksichtigt werden
Der Rahmenbeschluss schreibt vor, dass rassistische und fremdenfeindliche Beweggründe bei anderen Straftaten (z.B. Körperverletzung) als erschwerender Umstand gelten oder dass solche Beweggründe bei der Festlegung des Strafmaßes durch die Gerichte berücksichtigt werden können.
Beispiel: Rechtsextremistische Schläger verprügeln einen dunkelhäutig aussehenden Mann, weil sie ihn für einen Ausländer halten. In diesem Fall müsste die fremdenfeindliche Gesinnung strafschärfend berücksichtigt werden.
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Finde ich super, dass hier eindlich in der EU ein Kompromiss gefunden wurde und nun Rassistische Hetze und Leugnung des Völkermordes unter Strafe gestellt wird. Das wird hoffentlich auch dazu beitragen, dass auch in Internetforen die Leute nicht mehr quasi alles sagen dürfen, was sie wollen. Gerade auch hier würden dann wohl einige Aussagen von Users nicht mehr möglich sein, weil sie nämlich dann strafbar wären.