Neumanns kleine Gemeinde türkischer Christen trifft sich seit Sommer 2006 regelmäßig in Kreuzberg. Dann feiern sie in einer Altbauwohnung Gottesdienst. An der Wand hängt ein großes Kreuz. Sie alle waren einst Muslime. In Deutschland kamen sie mit dem Christentum in Kontakt – und ließen sich taufen. Seitdem beten sie „Ey göklerdeki babemiz – Vater unser, der du bist im Himmel.“ Experten schätzen, dass es in Deutschland etwa 5000 Konvertierte gibt, die vom Islam zum Christentum übergetreten sind. In Berlin sind es ein paar hundert.

Die Konversion stößt in der Familie zumeist auf heftige Ablehnung, bis hin zu völligem Kontaktabbruch. Besonders für die familienbewussten Türken ist das schwer erträglich. „Noch immer gilt leider die Gleichung, dass ein sogenannter echter Türke Muslim ist“, sagt Neumann, der Türkisch spricht und das Land am Bosporus oft bereist hat.

Seine Berliner Gemeinde hat zurzeit vierzig Mitglieder. Es fänden sich bei ihm sowohl der klassische deutsche Gastarbeiter als auch Türken der zweiten und dritten Generation, erzählt Neumann. Bei vielen führe die Unzufriedenheit mit dem Islam zur Annäherung an das Christentum. „Die finden einfach im Koran nicht, was sie spirituell suchen.“

Er erinnert sich an eine ältere Deutsch- Türkin, die in der Familie jahrelang vom Stiefvater missbraucht wurde. „Sie sagte, der Hass habe sie aufgefressen.“ Dann sei sie durch Zufall in eine Kirche geraten. „Die Vorstellung, dass Jesus jeden einzelnen Menschen liebt und man den Nächsten lieben soll, hat sie völlig umgeworfen.“ Heute arbeitet die Frau zeitweise in der Türkei als Missionarin. Neumann ist froh, dass sie gerade in Berlin ist.

Seit Mitte der 90er Jahre interessieren sich Türken häufiger für das Christentum – viele, ohne dann gleich überzutreten. „Die Furcht der Leute vor Bestrafung war oft einfach zu groß“, sagt Neumann. Doch jetzt fühlten sie sich etwas sicherer, Deutschland werde als Rechtsstaat wahrgenommen. Seine türkische Gemeinde unterhält auch einen Internet-Blog. Dort findet er häufig Botschaften wie „Allah wird euch strafen, ihr dreckigen Ungläubigen“, „Christ sein bedeutet, jemanden nicht mehr als Menschen zu betrachten, die Menschlichkeit zu verlassen“ oder einfach: „Ihr seid Verräter am Türkentum.“

Müller wäre es am liebsten, wenn man überhaupt nichts über ihn schreibt. Schließlich willigt er ein, aber: „Keine Namen, noch den Ort oder den Stadtteil, wo wir uns treffen.“ Er hat Angst. „Manche unserer Brüder und Schwestern trauen sich nicht einmal in Deutschland, zum Glauben zu stehen. Es bleibt alles im Verborgenen.“

Die Verborgenheit zieht auch Achmed Reza* vor. Der 56-jährige Deutsch- Iraner ist Prediger einer kleinen Gemeinde von iranischen Konvertiten, die sich in einer evangelischen Gemeinde irgendwo im Westen Berlins treffen. Den genauen Ort möchte er auf keinen Fall in der Zeitung lesen, ebenso wenig wie seinen Namen. Er habe Angst vor dem iranischen Geheimdienst, sagt er. „Schließlich wird im Iran der Abfall vom Islam mit dem Tod bestraft.“

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Art 4

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

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Freie Religionsausübung verkommt zur Lachnummer in Deutschland, wenn sie nicht allen gewährt wird. Es entzieht sich jeder Logik, daß Christen zum Islam ohne Bedrängnis konvertieren dürfen, aber konvertierte Muslime zum Christentum in einem Staat mit Religionsfreiheit bedroht und sogar mit Verfolgung rechnen müssen. Andererseits mal wieder ein hervorragendes Beispiel für die Unvereinbarkeit des Islams mit unserem Grundgesetz, da werden auch unzählige Islam-Konferenzen keine Abhilfe schaffen, Neuzeit und Mittelalter sind und bleiben unvereinbar.